
BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich gelassen zu Überlegungen über eine kurze Verschiebung der für den kommenden Dienstag geplanten Abstimmung über die Kandidatur von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin gezeigt. Zugleich betonte sie, von der Leyen könne ihr Amt als Bundesverteidigungsministerin in diesem Fall weiter ausüben.
Sie habe von eventuellen Verschiebungen innerhalb der nächsten Woche gehört. Dies sei "wirklich überschaubar", erklärte Merkel bei einem Pressestatement mit dem finnischen Ministerpräsidenten Antti Rinne in Berlin
Es fänden im Europaparlament eine ganze Reihe von Vorstellungsgesprächen mit von der Leyen statt, und sie könne sich vorstellen, "dass die Fragen, die dann offen bleiben, auch noch in den nächsten Tagen zu beantworten sind". Gebe es eine kurze Verschiebung, könne von der Leyen dies "mit ihrem Ministeramt vereinbaren", sagte die Kanzlerin. "Sollte sich etwas ändern, muss man neu darüber nachdenken".
Von der Leyen stellt den Europaabgeordneten bei Anhörungen in den Fraktionen erstmals ihren europapolitischen Kurs vorstellen. Aus Deutschland haben unter anderem zahlreiche Sozialdemokraten und Grüne Kritik geäußert. Die Grünen haben unter anderem eine Stärkung des Spitzenkandidaten-Prinzips für die nächste Europawahl und mehr Klimaschutz als Bedingungen für eine Wahl von der Leyens genannt und eine mögliche Verschiebung der Wahl ins Spiel gebracht.
Keine Restriktionen im Kampf um IWF-Chefposten
Merkel verteidigte bei ihrem Statement das von den EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem jüngsten Gipfel geschnürte Personalpaket, das neben dem Führungsposten für von der Leyen auch einen Wechsel der Französin Christine Lagarde vom Chefsessel beim Internationalen Währungsfonds (IWF) an die Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) vorsieht.
"Wir haben uns im Rat ja die Entscheidung nicht leicht gemacht und haben dann ein Personalpaket vorgeschlagen, von dem wir glauben, dass es angemessen ist, dass es ausgewogen ist", sagte die Kanzlerin. Man wisse aber um die Problematik des Spitzenkandidaten. "Für uns ist das Thema nicht erledigt, aber es muss so gelöst werden, dass es dann auch klappen kann", sagte Merkel.
Für die Nachfolge Lagardes beim IWF drang Merkel darauf, dass sich die EU-Länder "eine einheitliche Meinung" bilden müssten. "Da gibt es überhaupt keine Restriktionen, da überlegen wir, wer ist gut geeignet." Europa wolle erneut einen Europäer auf dem Posten, werde aber dafür kämpfen müssen. "Wir dürfen solche Positionen auch nicht alleine aus der geografischen Herkunft besetzen", betonte Merkel aber auch. Einigkeit von Europa sei jetzt der entscheidende Punkt.
Die EU-Finanzminister hatten Lagarde am Vortag offiziell für die EZB-Spitze nominiert. Für die Nachfolge der Französin an der Spitze des IWF kursieren bereits zahlreiche Namen. Genannt wurden unter anderem der frühere Eurogruppen-Vorsitzende und niederländische Ex-Finanzminister Jeroen Dijsselbloem und der gegenwärtige britische Notenbankgouverneur Mark Carney, der Kanadier ist, aber auch die britische und die irische Staatsangehörigkeit besitzt. Aus den Schwellenländern kam allerdings auch der Ruf nach einem IWF-Vorsitzenden aus ihren Reihen.
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July 10, 2019 09:10 ET (13:10 GMT)
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