Im Konflikt zwischen den USA und dem Iran ist keine Entspannung in Sicht. Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) kam am Mittwoch zu einer Sondersitzung zusammen, um über die ungewisse Zukunft des Atomabkommens zu beraten. Die USA warfen dem Iran bei der Sitzung vor, mit seinem Teilausstieg aus der Vereinbarung die internationale Gemeinschaft erpressen zu wollen. "Irans aktuelle Position in Atomfragen zielt klar auf eine Eskalation der Spannungen statt auf deren Entschärfung", sagte die US-Botschafterin Jackie Wolcott. Sie rief Teheran daher auf, den Teilausstieg rückgängig zu machen.
Gleichzeitig betonte Wolcott, dass die USA "zu Verhandlungen ohne Vorbedingungen" bereit seien. Sie bot dem Iran die Möglichkeit zu einer vollständigen Normalisierung des Verhältnisses an. "Wir sind weiterhin bereit und warten auf entsprechende diplomatische Bemühungen", sagte Wolcott. Der einzige Weg, um eine Entlastung von den Sanktionen zu erreichen, sei über Verhandlungen und nicht über eine "atomare Erpressung".
Der Iran hatte Forderungen nach Änderungen am Atomabkommen zuvor erneut eine Absage erteilt. "Wir reden nur über das, was im Atomdeal steht ... kein Wort mehr, aber auch kein Wort weniger", sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA.
Kazim Gharibabadi, Irans Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde, sagte der Wochenzeitung "Die Zeit", dass sein Land nur unter gewissen Umständen zu Verhandlungen bereit sei. "Wir sprechen mit niemandem, der uns die Pistole auf die Brust setzt", sagte Gharibabadi demnach und kritisierte vor allem die Sanktionen gegen den obersten iranischen Führer Ajatollah Ali Chamenei.
Der Konflikt zwischen den USA und dem Iran hatte sich in den vergangenen Wochen verschärft. Bei der Sondersitzung der IAEA ging es um die jüngsten Erkenntnisse der UN-Behörde bei der Kontrolle des iranischen Atomprogramms. Teheran hatte zuletzt höhere Uranvorräte als erlaubt. Auch die zulässige Obergrenze bei der Anreicherung des Urans war jüngst überschritten worden.
Damit droht mehr denn je das Scheitern der Vereinbarung von 2015, die die Islamische Republik am Bau einer Atombombe hindern sollte. Teheran hatte den drastischen Auflagen für sein Atomprogramm in der Hoffnung auf ein Ende der wirtschaftlichen Isolation zugestimmt. Dieser Teil der Vereinbarung ist nach dem Ausstieg der USA und neuen US-Sanktionen aber schwierig umzusetzen.
Der iranische Außenamtssprecher Mussawi betonte am Mittwoch, dass sein Land im Atomdeal bleiben wolle, wenn die für das Land vorteilhaften wirtschaftlichen Teile des Abkommens umgesetzt würden. "Für Diplomatie sind wir weiterhin offen, aber keine Lippenbekenntnisse zum Atomdeal, sondern konkrete und praktische Lösungen."
Die USA wollen die iranische Führung dagegen dazu bringen, ein neues Abkommen auszuhandeln. Aus Sicht der Trump-Regierung wird der Iran durch den derzeitigen Deal nicht dauerhaft am Bau einer Atombombe gehindert. Außerdem soll das iranische Raketenprogramm in die Vereinbarung mit einbezogen werden. Die USA waren im Mai 2018 einseitig aus dem Abkommen ausgeschert und hatten scharfe Wirtschaftssanktionen gegen Teheran wieder in Kraft gesetzt. Der Iran bestreitet, Atomwaffen bauen zu wollen.
Das US-Verteidigungsministerium kündigte unterdessen an, Pläne für eine internationale Koalition zum Schutz von Handelsschiffen nach den Angriffen auf Tanker in der Region vorantreiben zu wollen. Das Pentagon habe dazu einen konkreten Plan entworfen, sagte Generalstabschef Joseph Dunford laut Berichten der Nachrichtenagentur AP und des Portals "Defense One" am Dienstag (Ortszeit) auf dem Stützpunkt Fort Myer im Bundesstaat Virginia. In ein paar Wochen werde feststehen, welche Länder sich dem Bündnis anschließen wollten. Die USA machen den Iran für die mysteriösen Attacken auf zwei Tanker im Juni im Golf von Oman verantwortlich. Die Führung in Teheran bestreitet das.
Die USA sollen laut Dunford vor allem dafür zuständig sein, Patrouille-Schiffe der Koalition in riskanten Gewässern wie etwa der Straße von Hormus mit Überwachung und Informationen von Nachrichtendiensten zu unterstützen. Handelsschiffe sollen demnach von Militärschiffen eskortiert werden, die unter der gleichen Flagge fahren.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hielt eine deutsche Beteiligung an einem solchen Bündnis am Mittwoch offen. "Die Diskussionen laufen, und an denen wird Deutschland sich natürlich auch beteiligen. Aber ich kann dazu im Augenblick nichts sagen, weil das noch nicht abgeschlossen ist", sagte Merkel nach einem Treffen mit Finnlands neuem Ministerpräsidenten Antti Rinne in Berlin. Man werde angesichts der Situation in der Straße von Hormus im Gespräch bleiben. Es gebe dort aber noch keinerlei Entscheidungen.
SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu erklärte, Deutschland habe ein hohes Interesse an sicheren Schifffahrtswegen. Deswegen sei die Marine seit Jahren am Horn von Afrika im Einsatz. "Am Persischen Golf geht es jetzt vor allem um Deeskalation. Darauf ist die deutsche Diplomatie gegenüber dem Iran ausgerichtet", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die amerikanischen Bemühungen um einen besseren Schutz der Schifffahrt im Persischen Golf zeigten: Auch der Iran müsse ein Interesse daran haben, das Gewaltpotenzial in der Region zu verringern./hma/DP/jha
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