Von Petra Sorge
BERLIN (Dow Jones)--In der Debatte um eine einheitliche Bepreisung von Kohlendioxid hat sich der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums für ein Emissionshandelssystem ausgesprochen. "Wir schlagen eine grundlegende Reform aller CO2-Abgaben, Umlagen und Steuern vor", sagte der Vorsitzende des Beirats, Klaus Schmidt, in Berlin. Diese müssten ersetzt werden durch einen CO2-Preis auch in den Sektoren Verkehr und Gebäude, der sich aus dem Emissionshandel ergibt. Bis 2030 müsse das Ziel sein, EU-weit zu einem einheitlichen Zertifikatesystem zu kommen.
Bis zu 200 Euro pro Tonne CO2 in zehn Jahren
Die Experten erwarten, dass durch eine nationale Regelung Strom zunächst billiger, Heizöl und Erdgas deutlich teurer werden. Die Abgaben auf Diesel und Benzin würden sich zunächst angleichen und dann moderat ansteigen. Dazu fordern die Wissenschaftler einen Mindestpreis im Emissionshandel. Wie hoch genau der CO2-Preis sein soll, erklärten sie indes nicht. Es sei aber zu erwarten, dass sich der Preiskorridor "zwischen 100 und 200 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2030" bewege, so Schmidt.
Ein verlässlich steigender Preispfad schaffe Planbarkeit und rege zu langfristigen Investitionen in den Klimaschutz an. "Es muss eine Mehrbelastung kommen. Es ist auch wichtig, dass die Bürger verstehen, dass CO2 teurer wird, damit sie ihre Heizung austauschen oder sich eine Wärmepumpe anschaffen." Um Akzeptanz für ein solches Modell zu schaffen, dürfe das Klima-Instrument aber nicht für Steuererhöhungen genutzt werden, sondern müsse etwa als "Klimadividende" an die Bevölkerung zurückgegeben werden, so Schmidt.
Weiterer Vorschlag: CO2-Abgabe auf Importe
Eine ähnliche Form der Umverteilung hatte auch der Sachverständigenrat der Bundesregierung gefordert. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will eine CO2-Abgabe nur einführen, wenn sie sozialverträglich ist und auch den Wirtschaftsstandort nicht gefährdet. Insofern sind die Vorschläge des Beirats überraschend. Altmaier hatte sich auch skeptisch zum Vorschlag einer CO2-Steuer von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) geäußert.
Während der Sachverständigenrat die CO2-Steuer zumindest als Übergangslösung bis zur Schaffung eines gemeinsamen EU-Emissionshandels in Erwägung zieht, hält der Beirat des Ministeriums diese Lösung für weniger geeignet. Niemand wisse, welcher Preis tatsächlich nötig sei, um die Reduktionsziele zu erreichen, erklärte der Vorsitzende Schmidt. Beim Emissionshandel sei indes klar, dass es nur eine bestimmte Menge an Schadstoffausstoß gebe und die Zertifikatemenge entsprechend reduziert werde.
Altmaiers Forscher haben auch einen Vorschlag, wie sogenanntes "Carbon Leakage" verhindert werden könne. Darunter versteht man die Abwanderung energieintensiver Unternehmen in Länder mit geringeren Klimaschutzregeln und damit den Effekt, dass die Treibhausgase dennoch nicht eingespart werden. Um das zu verhindern, könne ein "Grenzausgleich" ähnlich wie bei der Mehrwertsteuer eingeführt werden. Importe würden mit dem inländischen CO2-Preis belastet und Exporte entlastet. Ein solches Instrument verstößt aus Sicht des Beirats auch nicht gegen die Regeln der Welthandelsorganisation.
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July 15, 2019 07:31 ET (11:31 GMT)
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