Für Finanzanleger steht die neue Woche ganz im
Bann von Geldpolitik und Berichtssaison. Richtig spannend - wie so
oft an den Kapitalmärkten - wird es erst in der zweiten Hälfte mit
dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) und der
anschwellenden Flut von Unternehmenszahlen aus Deutschland. Von
letzteren sind angesichts der jüngsten, etlichen Gewinnwarnungen
wohl kaum positive Impulse für den Dax
Die meisten Experten meinen zudem, dass Europas Währungshüter bei ihrer Sitzung am Donnerstag die Leitzinsen noch nicht antasten werden. Der scheidende EZB-Vorsitzende Mario Draghi dürfte allerdings eine geldpolitische Strategie zur Unterstützung der Konjunkturentwicklung vorstellen, schrieb Chefvolkswirt Edgar Walk vom Bankhaus Metzler. Denn nachdem er Anfang Juni mit der Ankündigung weiterer geldpolitischer Maßnahmen große Erwartungen am Markt geweckt habe, wäre es gefährlich, diese zu enttäuschen.
Draghis designierte Nachfolgerin Christine Lagarde gilt zwar als Anhängerin einer lockeren Geldpolitik, die Aktien gegenüber festverzinslichen Wertpapieren begünstigt. Allerdings sei der "Lagarde-Effekt" inzwischen abgeebbt, kommentierte Ulf Krauss von der Landesbank Helaba die jüngste Schwächephase des Dax. Nach einer mehrwöchigen Erholung ist der deutsche Leitindex wieder unter Druck geraten. Von seinem bisherigen Jahreshoch bei 12 656 Punkten Anfang Juli hat er sich deshalb ein gutes Stück weit entfernt, von erneuten Rekorden ganz zu schweigen.
"Anleger sind derzeit hin- und hergerissen zwischen Wachstumszweifeln inklusive der damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Unternehmensgewinne und Zinssenkungshoffnungen", beschrieb Krauss' Kollege Markus Reinwand das Dilemma. Lange hätten letztere überwogen. Doch zuletzt seien die Anleger eher auf Nummer sicher gegangen und hätten Kursgewinne mitgenommen. Hierzulande seien die Bewertungen zwar noch nicht so hoch wie in den USA. "Allerdings haben die jüngsten Gewinnwarnungen prominenter Dax-Mitglieder für Verunsicherung gesorgt."
Eine Zinssenkung der US-Notenbank Fed Ende des Monats gilt als
sicher. Damit könnte die jüngst lahmende Rekordjagd an der Wall
Street weitergehen. Denn die dortigen Aktienkurse würden auch vom
exportfördernden Effekt eines schwachen US-Dollar profitieren. In
New York stehen zudem ebenfalls Unternehmenszahlen im Fokus, unter
anderem vom krisengeschüttelten Airbus-Konkurrenten
Die europäischen Märkte müssen sich indes weiter auch mit internen Problemen wie dem Brexit herumschlagen. Am Dienstag dürfte Boris Johnson zum neuen Vorsitzender der britischen Konservativen und damit auch zum Premierminister gewählt werden, so Walk. "Die Verhärtung der Rhetorik in den vergangenen Tagen spricht dafür, dass Johnson nun einen harten Brexit anstrebt" - dies könnten wohl nur ein erfolgreiches Misstrauensvotum und Neuwahlen verhindern.
Um ein solches Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union ohne ein Abkommen zu verhindern, schloss der amtierende Finanzminister, Philip Hammond, in einem Interview ein solches Szenario nicht aus. Einen ersten Warnschuss feuerten die Abgeordneten bereits ab: Sie stimmten mit deutlicher Mehrheit für einen Gesetzeszusatz, der es Johnson erheblich erschweren würde, das Parlament in eine Zwangspause zu schicken, um ein Ausscheiden ohne Abkommen durchzuboxen.
Mit Blick auf die deutschen Unternehmenszahlen versprechen vor allem
die zahlreichen Quartalsberichte aus der zweiten und dritten
Börsenreihe Spannung. Denn von der Handvoll Dax-Unternehmen, deren
Resultate angekündigt sind, hat mit Daimler
Mehr lohnen dürfte daher der Blick auf die Zahlen des
Spezialchemiekonzern Covestro
Eine wahre Zahlenflut erwartet die Anleger aus dem MDax
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---
ISIN DE0008469008
AXC0021 2019-07-22/05:50