Japans Ministerpräsident Shinzo Abe hofft nach seinem Sieg bei der Wahl zum Oberhaus des Parlaments auf eine intensivere Debatte über eine Verfassungsreform. Die Wähler hätten sich für politische Stabilität im Land entschieden, sagte der seit 2012 regierende Rechtskonservative am Montag. Doch der Sieg bei der Wahl am Vortag hat einen bitteren Beigeschmack für Abe: Die für eine von ihm angestrebte Verfassungsänderung nötige Zwei-Drittel-Mehrheit hat sein Regierungslager verfehlt.
Seine Liberaldemokratische Partei LDP und ihr Partner Komeito gewannen 71 der zur Wahl stehenden Sitze, die Opposition kam auf 53. Damit hält das Regierungslager in der zweiten Kammer des Parlaments jetzt 141 Mandate und die Opposition 104. In Japan wird alle drei Jahre rund die Hälfte der Kammer neu gewählt.
Abe vertritt die Ansicht, dass die pazifistische Verfassung nicht der einer unabhängigen Nation entspricht, da sie Japan 1946 von der Besatzungsmacht USA aufgezwungen worden sei. Die Existenz der Selbstverteidigungsstreitkräfte will er in der Verfassung verankern. Für eine Verfassungsänderung bedarf es jedoch einer Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments. Erst dann könnte ein nötiges nationales Referendum initiiert werden, für das eine einfache Mehrheit benötigt wird. Im mächtigen Unterhaus hat Abe die Zwei-Drittel-Mehrheit.
Im Oberhaus kommt das Lager derer, die für eine Änderung der Verfassung sind, einschließlich Mitgliedern der Opposition auf 160 Mandate. Nötig wären jedoch 164 Sitze gewesen. Das Ergebnis bedeutet, dass Abes politisches Lebensziel einer Änderung der Nachkriegsverfassung in die Ferne gerückt ist. Eigentlich hatte er dafür das kommende Jahr anvisiert, wenn Japan Gastgeber der Olympischen Spiele ist. Um es doch noch zu erreichen, ist er jetzt auf Kooperation aus dem Oppositionslager angewiesen, was jedoch ungewiss ist. Er hoffe, dass die Oppositionsparteien ihrer "Verantwortung" nachkämen, sich in eine Debatte um eine Verfassungsänderung einzubringen, sagte Abe./ln/DP/jha
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