Der voraussichtlich neue britische Premierminister Boris Johnson hält einen geregelten EU-Austritt Großbritanniens zum 31. Oktober mit "Willen und Tatkraft" für machbar. Wenn es vor 50 Jahren schon möglich gewesen sei, zum Mond und zurück zu fliegen, "dann können wir auch das Problem des reibungslosen Handels an der nordirischen Grenze lösen", schrieb Johnson am Montag im "Telegraph". Wie für den Flug zum Mond gebe es auch dafür technische Lösungen.
Johnson spielte damit auf den sogenannten Backstop an, den er strikt ablehnt. Diese Garantieklausel soll verhindern, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen. Denn das könnte den alten Konflikt zwischen katholischen Befürwortern einer Vereinigung Irlands und protestantischen Loyalisten wieder schüren.
Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleibt, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Für Nordirland sollen zudem teilweise Regeln des Europäischen Binnenmarkts gelten.
Johnson sieht in der Klausel ein "Instrument der Einkerkerung" Großbritanniens in Zollunion und Binnenmarkt. Er will den Backstop streichen und die irische Grenzfrage erst nach dem Austritt in einem künftigen Freihandelsabkommen mit der EU lösen.
Johnson ist klarer Favorit für die Nachfolge der Regierungschefin Theresa May. Nach Umfragen unter Mitgliedern der Konservativen Partei dürfte er etwa zwei Drittel der Stimmen bekommen. Die etwa 160 000 Parteimitglieder können sich noch bis zum späten Montagnachmittag (18.00 Uhr MESZ) entscheiden, ob sie Johnson oder Außenminister Jeremy Hunt als neuen Tory-Chef und damit auch als Premierminister haben wollen. Das Ergebnis der Briefwahl wird am Dienstag bekanntgegeben./si/DP/jha
AXC0095 2019-07-22/10:59