Die Gespräche über eine Regierungskoalition in Spanien zwischen der sozialdemokratischen PSOE und dem linken Bündnis UP sind auch kurz vor entscheidenden Abstimmungen im Parlament nicht vorangekommen. "Wir haben keine Vereinbarung erzielt", antwortete am Montag die sozialistische Verhandlungsführerin und Vizechefin der geschäftsführenden Regierung, Carmen Calvo, im Parlament in Madrid kurzangebunden auf die Journalisten-Frage, ob es etwa "schlecht" stehe. Schon am Dienstag soll das Parlament erstmals über die Wiederwahl des sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez abstimmen.
Bekommt der 47-Jährige dabei wie erwartet nicht die nötige absolute Mehrheit von mindestens 176 Stimmen, soll es am Donnerstag eine zweite Abstimmung geben. Dann genügt Sánchez gemäß Verfassung eine einfache Mehrheit - mehr "Ja"- als "Nein"-Stimmen.
Zur Erreichung dieser Mehrheit benötigt der Kandidat mindestens die Unterstützung des Linksbündnisses Unidas Podemos (UP). Beide Lager kommen zusammen auf 167 Stimmen. Während die konservative Volkspartei PP, die liberalen Ciudadanos und die Rechtspopulisten von Vox mit Nein votieren wollen, erwägen mehrere kleinere Parteien eine Enthaltung, die Sánchez zum Sieg verhelfen könnte.
Die PSOE hatte die Parlamentsneuwahl am 28. April zwar gewonnen, die absolute Mehrheit aber deutlich verfehlt. Sánchez hatte lange Zeit betont, er wolle keine Koalition, sondern eine Minderheitsregierung. Erst vorigen Freitag lenkte die PSOE dann ein und erklärte, Sánchez sei bereit, über die Teilnahme von UP an der Regierung zu verhandeln.
Vor der ersten Abstimmung rief Sánchez UP-Chef Pablo Iglesias vor dem Parlament am Montag dazu auf, das "Versprechen der Linken wahr" zu machen. In einer zweistündigen Rede stellte er eine Erhöhung der Bildungsausgaben, mehr Rechte für Arbeiter und Familien sowie die Gleichberechtigung von Mann und Frau "in allen Bereichen" in Aussicht. UP fordert mindestens vier Ministerien.
Sánchez ist seit Juni 2018 im Amt. Damals stürzte er seinen konservativen Vorgänger Mariano Rajoy per Misstrauensvotum. Die vorgezogene Wahl hatte er im Februar ausgerufen, nachdem die katalanischen Separatisten seiner Minderheitsregierung bei der Abstimmung über den Etatentwurf die Unterstützung entzogen hatten./er/DP/men
AXC0202 2019-07-22/17:50