Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat wie weithin erwartet seine Leitzinsen unverändert gelassen, zugleich aber eine Senkung in Aussicht gestellt. Zudem sollen Optionen für eine Wiederaufnahme von Nettoanleihekäufen (QE) und Maßnahmen zur Milderung der nachteiligen Nebenwirkungen negativer Zinsen für Banken geprüft werden. Zum Zinsausblick heißt es in der geldpolitischen Erklärung: "Der EZB-Rat geht davon aus, dass die EZB-Leitzinsen mindestens über die erste Hälfte des Jahres 2020 und in jedem Fall so lange wie erforderlich auf ihrem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden."
Ihren Satz für Überschusseinlagen der Banken, der wegen der Überliquidität im Bankensystem entscheidend für den kurzfristigen Marktzins ist, beließ die EZB bei minus 0,40 Prozent, den Hauptrefinanzierungssatz bei 0,00 Prozent und den Spitzenrefinanzierungssatz bei 0,25 Prozent. Zuletzt hatte die EZB ihre Zinsen im März 2016 gesenkt.
Der EZB-Rat hält eine für längere Zeit sehr akkommodierende Geldpolitik für notwendig und hat die zuständigen Ausschüsse des Eurosystems damit beauftragt, Optionen für eine weitere Lockerung der Geldpolitik zu prüfen. Zu diesen Optionen zählen laut EZB Möglichkeiten zur Verstärkung der Forward Guidance bezüglich der Zinsen, Maßnahmen zur Milderung der nachteiligen Nebenwirkungen negativer Zinsen für Banken, darunter ein System abgestufter Einlagenzinsen, und Optionen betreffend die Größe und die Zusammensetzung möglicher neuer Nettowertpapierankäufe.
Die EZB hatte zuletzt im April 2017 in ihrer Forward Guidance weitere Zinssenkungen in Aussicht gestellt, die dann aber nicht erfolgten. Seit Juni 2017 war eine zeitlich befristete und konditionierte Zusage unveränderter Zinsen Bestandteil der geldpolitischen Erklärung gewesen. Unwidersprochene Annahme an den Finanzmärkten war allerdings gewesen, dass der nächste Zinsschritt der EZB nach oben und nicht nach unten gehen würde. Erst in seiner Pressekonferenz im Juni war EZB-Präsident Mario Draghi dieser Erwartung entgegengetreten.
Ihre Nettoanleihekäufe im Rahmen des APP-Programms hatte die EZB Ende 2018 eingestellt. Seither werden die Bestände konstant gehalten. Seine Forward Guidance hinsichtlich dieser Anleihebestände ließ der EZB-Rat unverändert. Demnach wird die EZB die Tilgungsbeträge der im Rahmen des APP-Programms erworbenen Wertpapiere für längere Zeit nach der ersten Zinserhöhung voll wieder anlegen - in jedem Fall aber so lange wie erforderlich, um günstige Liquiditätsbedingungen und eine umfangreiche geldpolitische Akkommodierung aufrechtzuerhalten.
Die meisten Analysten erwarten, dass die EZB ihren Einlagenzins im September senken wird. EZB-Präsident Draghi dürfte in seiner gegen 14.30 Uhr beginnenden Pressekonferenz hierzu und zu den anderen oben genannten Optionen gründlich befragt werden.
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July 25, 2019 08:04 ET (12:04 GMT)
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