BERLIN (Dow Jones)--Das Auswärtige Amt hat die amerikanische Forderung nach einer deutschen Beteiligung an einer US-geführten Mission im Persischen Golf zurückgewiesen. Das Bundeskanzleramt gab sich zurückhaltender und betonte lediglich, dass für Deutschland die Priorität auf einer Deeskalation der Spannungen und diplomatischen Bemühungen liegen müsse. Die USA planen eine Mission zum Schutz der Schifffahrt in der Straße von Hormus.
Im SPD-geführten Auswärtigen Amt hieß es, dass sich Deutschland nicht daran beteiligen werde. "Die USA haben vor kurzem einer Reihe von Verbündeten, auch Deutschland, ihr Konzept für eine Seeraumüberwachungsmission am Persischen Golf vorgestellt und um Beiträge gebeten. Die Bundesregierung hat dies zur Kenntnis genommen, aber keinen Beitrag in Aussicht gestellt", so das Ministerium auf Anfrage.
Außenminister Heiko Maas (SPD) habe wiederholt betont, dass aus deutscher Sicht die Priorität auf einer Deeskalation der Spannungen und diplomatischen Bemühungen liegen müsse. "Dazu sind wir mit Frankreich und Großbritannien in enger Abstimmung", so das Ministerium. "Eine Beteiligung an der amerikanischen Strategie des maximalen Drucks kommt für uns nicht in Frage."
Weniger kategorisch in seiner Ablehnung war die Reaktion des CDU-geführten Kanzleramts. In einer ansonsten mit dem Auswärtigen Amt identischen Stellungnahme ließ ein Regierungssprecher den Passus weg, der besagt, dass für Deutschland eine Beteiligung an der amerikanischen Strategie des maximalen Drucks nicht in Frage komme. Allerdings würde angesichts der Ablehnung des Koalitionspartners SPD eine deutsche Beteiligung an der US-Mission im Bundestag wohl auch dann keine Mehrheit bekommen, wenn die Union dem Vorhaben geschlossen zustimmte. Die Grünen-Fraktion hat ebenfalls ihre Ablehnung bekundet.
Zuvor hatte die US-Botschaft in Berlin ihren Aufruf an die deutsche Bundesregierung veröffentlicht, nach der sich Berlin an der Militärmission am Persischen Golf zu beteiligen solle.
"Wir haben Deutschland offiziell ersucht, gemeinsam mit Frankreich und dem Vereinigten Königreich bei der Sicherung der Straße von Hormus zu helfen und gegen die Aggression des Irans vorzugehen", sagte eine Sprecherin der US-Botschaft am Dienstag. "Mitglieder der Bundesregierung haben klar zum Ausdruck gebracht, dass die Freiheit der Schifffahrt gewährleistet werden muss." Die Frage sei nun, "durch wen" sie geschützt werden solle.
In der Straße von Hormus waren die Spannungen in den vergangenen Tagen gestiegen. Der Iran hat am 19. Juli einen unter britischer Flagge fahrenden Tanker festgesetzt. Teheran warf dem Tanker, mit einem iranischen Fischkutter zusammengestoßen zu sein und damit gegen internationales Seerecht verstoßen zu haben. Zuvor war Anfang Juli in der britischen Enklave Gibraltar ein mit iranischem Öl beladener Tanker unter der Flagge Panamas festgesetzt worden. Dem Tanker wurde vorgeworfen, er wolle Öl an Syrien liefern, was in der Europäischen Union verboten ist.
Noch deutlicher als das SPD-geführte Auswärtige Amt wurde der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Nils Schmid, in seiner Ablehnung des US-Gesuchs. "Eine Beteiligung kommt nicht in Frage", sagte er der Mittwochausgabe des Tagesspiegels. "Deutschland wird sich nicht an einer US-Mission beteiligen. Da ist man plötzlich auf Seiten der Amerikaner in einem Krieg mit dem Iran." Die Europäer sollten daher sehr darauf bedacht sein, einen gebührenden Abstand zur robusten Militärmission der Amerikaner zu wahren, betonte Schmid.
Der kommissarische SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich gab gegenüber dem Spiegel dem US-Präsidenten Donald Trump die Hauptschuld an den gegenwärtigen Spannungen am Golf. Denn dieser habe entschieden, das Atomabkommen mit dem Iran zu kündigen. Eine deutsche Beteiligung komme für die SPD nicht in Frage. "Die Beteiligung an einer robusten, durch keinen Beschluss des Sicherheitsrates gedeckten Militärmission, wäre unverantwortlich und würde politische Spielräume endgültig verschütten", so Mützenich.
Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder begrüßte die skeptische Haltung seiner Partei. "Ein robuster Einsatz unter der Führung der USA könnte schnell eskalierend wirken. Eine solche Entscheidung dürfte die SPD in der großen Koalition nicht mittragen", sagte Schröder der Mittwochsausgabe der Düsseldorfer Rheinischen Post.
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July 30, 2019 12:00 ET (16:00 GMT)
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