BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung lässt zum ersten Mal unabhängig überprüfen, welche Folgen Subventionen auf Klima und Umwelt haben. 33 Steuervergünstigungen würden derzeit evaluiert, teilte das Bundesfinanzministerium auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion mit. Darunter sind 20 Hilfen bei Kraftfahrzeug- und Einkommensteuern sowie 13 aus dem Bereich Energie- und Stromsteuer. Bei diesen sei "erstmals auch die Nachhaltigkeit der betrachteten Subventionen durch externe Gutachter untersucht" worden. Das Forschungsvorhaben ist noch nicht abgeschlossen. Erste Ergebnisse sollen im 27. Subventionsbericht der Bundesregierung in der zweiten Jahreshälfte vorgestellt werden.
Die parlamentarische Anfrage der Grünen legte zugleich offen, dass die Regierung beim Abbau umweltschädlicher Subventionen nur sehr schleppend vorankommt. Seit Unterzeichnung des Koalitionsvertrags im März 2018 wird überhaupt nur eine einzige Hilfe gestrichen - für Erd- und Flüssiggas. Laut dem Bundesfinanzministerium läuft die Steuerbegünstigung für Flüssiggas in vier Stufen aus, ab 2024 folgt die Abschmelzung beim Erdgas in drei Stufen. Der öffentliche Personennahverkehr werde entsprechend kompensiert.
Kerosinsteuer wird geprüft
Eine Angleichung der niedrigeren Diesel-Steuern auf die an Benzin sei indes nicht geplant. Denn Diesel-Pkw seien über die Kraftfahrzeugsteuer bereits höher belastet, erklärte das Ministerium zur Begründung. Änderungen seien trotz dem Ringen im Klimakabinett bislang auch nicht bei der Dienstwagenbesteuerung oder den Hilfen für Regionalflughäfen geplant. Laut der Antwort werde aber "zurzeit geprüft", ob die Steuerbefreiung von Kerosin aufgehoben werden soll. Bei einer CO2-Bepreisung im Luftverkehr setze sich die Koalition auf EU- und internationaler Ebene für Maßnahmen ein, "die möglichst nicht zu einer einseitigen nationalen Belastung führen".
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hatte im April in einer Studie angemahnt, "naturschädigende Subventionen" abzubauen. Doch die Bundesregierung macht sich die Definition ihrer Behörde nicht zu Eigen. "Eine Einstufung der Maßnahmen als umwelt- oder naturschädigende Subventionen erfolgt durch die Bundesregierung nicht", heißt es in der Antwort. Zudem würden einige der vom BfN aufgeführten Hilfen von der Regierung nicht als Subvention klassifiziert.
"Scholz verpulvert zig Milliarden"
Die Grünen forderten ein rasches Ende der umweltschädlichen Hilfen. "Für Klimazerstörung verpulvert Olaf Scholz im Haushalt zig Milliarden, für Klimaschutz gibt es nur wenige Millionen", monierte der Grünen-Fraktionssprecher für Haushaltspolitik, Sven-Christian Kindler. Die Subventionen für den schmutzigen Diesel, die Flugindustrie, schwere Dienstwagen und SUVs, Plastikprodukte und die Agrarindustrie müssten endlich weg. "Die Preise im Supermarkt dürfen uns nicht mehr belügen, sondern müssen endlich die ökologische Wahrheit sagen", mahnte Kindler.
Sein Fraktionskollege, der Finanzpolitiker Stefan Schmidt, bezeichnete das Nichtstun der Bundesregierung als "fast schon fahrlässig". "Wir befinden uns mitten in der Klimakrise und die Bundesregierung unterstützt genau diejenigen, die die Klimakrise weiter befeuern", so Schmidt.
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July 31, 2019 14:05 ET (18:05 GMT)
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