BERLIN (Dow Jones)--Das Risiko einer spekulativen Immobilienblase ist in Deutschland hoch, wird aber bis Jahresende leicht abnehmen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) des Immobilienmarkts in 19 ausgewählten OECD-Ländern.
Das DIW versteht unter einer Immobilienpreisblase eine Situation, in der die Preisentwicklung auf reine Spekulation statt auf wertbestimmende Faktoren zurückzuführen ist. In diesem Fall entkoppeln sich Preise von den Erträgen und das Verhältnis aus Immobilienpreis und Mietertrag steigt stark, so der Studienautor Claus Michelsen.
In Deutschland liege das Risiko zwar aktuell mit 92 Prozent sehr hoch, aber das DIW erwartet bis Jahresende einen Rückgang auf 84 Prozent.
"Für Deutschland stehen die Signale zumindest auf Gelb: Es gibt eine explosive Preisentwicklung, die sich von den Immobilienerträgen entkoppelt hat", erklärt Studienautor Konstantin Kholodilin. Das sinkende Risiko spiegele die verlangsamte Immobilienpreisentwicklung vor allem in den großen Städten des Landes in jüngster Zeit wider und decke sich mit Beobachtungen von Immobilienmarktanalysten.
Auch erscheine die Finanzierung von Immobilieninvestitionen in Deutschland relativ solide. Die Kreditvolumina zeigten keine auffälligen Trends und auch die Zinsbindung ist relativ lang, was gegen eine Preisblase spreche, so das DIW.
Dennoch fordert das DIW von der Politik, dass sie Grundlagen schaffe, um in den Markt einzugreifen.
"Dass das Risiko für Deutschland nun langsam sinkt, sollte für die Politik keinesfalls bedeuten, dass sie die Hände in den Schoß legen kann. Im Gegenteil: Nach wie vor ist das Instrumentarium prophylaktischer Maßnahmen in Deutschland nicht ausreichend", sagte Michelsen.
Beispielsweise sollte der Staat Eingriffsmöglichkeiten schaffen, die auf die Verschuldungsobergrenzen von Haushalten abstellen. Unklar sei aktuell auch, nach welchen Kriterien die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in den Markt eingreifen kann, um die Kreditvergabe zu beschränken.
Als sehr hoch sieht das Berliner Institut die Wahrscheinlichkeit einer spekulativen Übertreibung in einigen skandinavischen Ländern wie Schweden, Norwegen und Dänemark, aber auch in den USA, der Schweiz, Belgien und Japan. Dort werde das Risiko im vierten Quartal bei mehr als 90 Prozent liegen. Lediglich in Australien, Finnland, Irland und Italien sei die Wahrscheinlichkeit einer Blase in diesem Jahr sehr niedrig.
Nach der DIW-Methode liegt das Risiko einer Immobilienpreisblase vor, wenn der Wert der Wahrscheinlichkeit bei über 50 Prozent liegt.
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August 07, 2019 05:14 ET (09:14 GMT)
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