Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--In Nordrhein-Westfahlen müssen Mieter, Eigentümer und Unternehmen besonders hohe Grundsteuer zahlen. Die reicheren Kommunen in Bayern bitten weniger stark zur Kasse. Das ist das Ergebnis einer Studie der Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY), die die Hebesatzerhöhungen für die Grundsteuer auf Grundbesitz und auf Gewerbe in den vergangenen fünf Jahren untersucht hat. Insgesamt haben bundesweit 58 Prozent der Städte den Hebesatz bei der Grundsteuer-B für Grundbesitz erhöht und 51 Prozent bei der Gewerbesteuer.
In NRW zahlen Bürger mit durchschnittlich 206 Euro Grundsteuer 50 Prozent mehr als die Einwohner von Bayern, wo im vergangenen Jahr 137 Euro Grundsteuer fällig wurden, so die EY-Studie. Auch in Hessen wurde an der Steuerschraube gedreht. Dort stieg der durchschnittliche Grundsteuerhebesatz in den vergangenen fünf Jahren um 39 Prozent. In NRW und dem Saarland erhöhten die Kommunen die Steuer um 31 Prozent. Lediglich 5 Prozent betrug die Steigerung in Baden-Württemberg, Bayern, Thüringen und Sachsen. "Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer", so die Studie.
Hessen bei Gemeinden führend
Der Grundsteuer-Hebesatz lag nach Angaben von EY im vergangen Jahr durchschnittlich bei 378 Punkten nach 351 Punkten im Jahr 2013. Das Gesamtgrundsteueraufkommen stieg zwischen 2013 und 2018 um 15 Prozent auf 14,2 Milliarden Euro.
Angeführt wurde die Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes von den Kommunen im Saarland und Hessen. Allerdings hat die gute Konjunktur einige Kommunen auch in den vergangenen Jahren entlastet und zu sinkenden Schulden geführt. "Damit nahm der Handlungsdruck bei einigen Kommunen ab, Steuererhöhungen wurden seltener nötig", erklärte Bernhard Lorentz, Partner bei EY.
In wirtschaftlich schwierigen Regionen war die Entwicklung aber eine andere. Unter allen deutschen Großstädten müssen die Bewohner von Duisburg die höchste Grundsteuer abführen. Bei den Gemeinden führt Hessen. Dort liegen deutschlandweit mit Lautertal (1050 Punkten) und Nauheim (960 Punkten) die Gemeinden mit dem deutschlandweit höchsten Grundsteuerhebesatz.
Zurückhaltung bei Gewerbesteuer
Der Gewerbesteuersatz wurde in den vergangenen Jahren seltener und in geringerem Maße erhöht, was EY auf den Wettbewerb der Städte um wichtige Gewerbesteuerzahlen zurückführt. "Vielen hochverschuldeten Kommunen in strukturschwachen Regionen blieb in den vergangenen Jahren gar nichts anderes übrig, als zum Teil massiv an der Steuerschraube zu drehen, um überhaupt die Chance auf einen ausgeglichenen Haushalt zu haben", so Lorentz.
Allerdings sei damit auch die Attraktivität der Kommune für Bürger und Unternehmen gesunken. Denn die gering verschuldeten Städte und Gemeindem im Süden und Osten optierten für teils deutlich niedrigeren Steuersätze, während die hoch verschuldeten Kommunen in Nordrhein-Westfalen und Hessen höhere Sätze aufwiesen. Unklar sei, wie sich die geplante Reform der Grundsteuer konkret auf die Einnahmesituation einzelner Kommunen auswirken werde, betonte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Auf Druck des Bundesverfassungsgerichts muss die Grundsteuer bis zum Ende des Jahres reformiert werden. Der zwischen Bundesregierung und Bundesländern erzielte Kompromiss sieht nun eine bundeseinheitliche Regelung unter Berücksichtigung wertabhängiger Komponenten vor, von denen die Länder aber abweichen können. Insgesamt soll es zu keiner Mehrbelastung der Bürger kommen.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/apo
(END) Dow Jones Newswires
August 20, 2019 06:38 ET (10:38 GMT)
Copyright (c) 2019 Dow Jones & Company, Inc.