Mainz (ots) - Ob neuneinhalb Jahre Haft für die vorsätzliche Tötung eines Menschen eine gerechte oder gar hohe Strafe sind, ist zweifelhaft. Der Tatbestand lässt Strafen bis zu lebenslänglich zu. Generell krankt das deutsche Strafrecht daran, dass Tötungen im Gegensatz zu Eigentumsdelikten tendenziell zu milde gesehen werden. Nach der Bluttat von Chemnitz, begangen nach Überzeugung des Gerichts vom angeklagten Syrer, versetzten Horden von Neonazis die Republik in Angst und Schrecken. Das ist eine Schande für die Demokratie, muss bei der juristischen Bewertung des Totschlagsfalls aber natürlich außen vor bleiben. Wahr ist gleichwohl: In einer solchen Atmosphäre Recht zu sprechen, ist sicher schwierig. Aber Richter stehen in dieser Pflicht, und bis zum Beweis des Gegenteils darf die Republik getrost darauf vertrauen, dass diese Pflicht erfüllt wird. Dass die Verteidiger des Angeklagten im Fall Chemnitz unterstellen, das Gericht sei beeinflusst gewesen, ist eine atemberaubende These - aber Verteidigern selbstverständlich erlaubt. Gleiches würde gelten, wenn unterstellt würde, Ausländer würden härter oder milder bestraft als Deutsche. Dass Verteidiger zu sehr Vielem legitimiert sind, gehört zu den unerlässlichen Regeln im Rechtsstaat. Anders als Strafverteidiger sollten Politiker sehr darauf achten, wie weit sie das Maul aufreißen, in einer solchen Atmosphäre. Wenn es zutrifft, dass die Chemnitzer Oberbürgermeisterin vor Prozessbeginn ihre Hoffnung auf eine Verurteilung des Angeklagten kundtat, ist das unverantwortlich. So wird die Unschuldsvermutung zum Spielball von Politikgetöse.
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