BERLIN (Dow Jones)--Die Gesetzespläne von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) für eine Verschärfung des Unternehmensstrafrechts sind in der Wirtschaft auf erhebliche Kritik gestoßen. Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, lehnte sie ab. Die Schuld einzelner Menschen solle auf Unternehmen als abstrakte Organisation verlagert werden, beklagte Hüther im Deutschlandfunk. Das sei aus seiner Sicht für das Rechtssystem etwas Neues und führe dazu, dass man Gruppen in Unternehmen "als Ganzes unter einen Verdacht setzt".
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat laut dem Sender ebenfalls Kritik geübt und erklärt, kriminelle Handlungen müssten selbstverständlich wirksam geahndet werden, wenn sie aus Unternehmen heraus begangen würden. Hierfür sei aber kein neues Unternehmensstrafrecht notwendig.
Der Verband "Die Familienunternehmer" warnte ausdrücklich vor den Folgen des Gesetzentwurfs für schärfere Unternehmenssanktionen. "Die Höhe der Geldbußen, ob man sie nun Strafe oder Sanktion zu nennen vorzieht, dürfte künftig mit einem Abbau von Arbeitsplätzen in den betroffenen Unternehmen einhergehen", sagte der Vorsitzende der Wirtschaftsrechtlichen Kommission des Verbandes, Ulrich Herfurth, dem Handelsblatt. Damit würden Menschen für etwas bestraft, was andere zu verantworten hätten.
Nach Lambrechts Plänen sollen künftig gegen große Wirtschaftsunternehmen mit über 100 Millionen Euro Jahresumsatz Sanktionen in Höhe von bis zu 10 Prozent ihres Umsatzes verhängt werden können. Bisher liegt die Obergrenze für große und kleine Unternehmen fest bei 10 Millionen Euro. "Diese Sanktionen sollen abschrecken", hatte die Justizministerin am Vortag bei der Vorstellung ihres Gesetzentwurfes zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität erklärt.
Mit dem Gesetz soll laut Lambrecht ein eigenständiges neues Recht der Unternehmenssanktionen geschaffen werden. Künftig müssen Staatsanwaltschaften demnach gegen ein Unternehmen ermitteln, wenn es einen Anfangsverdacht für eine aus diesem Unternehmen heraus begangene Straftat gibt. Für solche Taten sollen nach dem Plan künftig auch die Unternehmen angemessen belangt werden und nicht nur einzelne Beschäftigte. Als Beispiele nannte die Justizministerin den Verkauf von umetikettiertem Gammelfleisch oder eine Auftragsbeschaffung mittels Korruption.
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August 23, 2019 03:04 ET (07:04 GMT)
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