BERLIN (Dow Jones)--Angesichts gravierender Waldbrände im Amazonas-Regenwald will Entwicklungsminister Gerd Müller im Dialog mit der brasilianischen Regierung bleiben und eine politische Überreaktion vermeiden.
"Wir werden den Regenwald nicht retten, wenn wir die Brücken zur brasilianischen Regierung abreißen und den Amazonasfonds aufgeben", sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir müssen ideologisch motivierte Auseinandersetzungen einstellen und vielmehr die konkreten Maßnahmen zum Regenwaldschutz weiter entwickeln."
Er werde daher trotzdem am Betrag Deutschlands in den Amazonasfonds festhalten. Es sei ein Leuchtturm-Vorhaben, mit dem in den vergangenen Jahren die vierfache Fläche Deutschlands unter Schutz gestellt worden sei. Die Mittel würden auch erst nach erfolgreichem Abschluss der Projekte ausgezahlt. "Jetzt auszusteigen hilft niemanden, nicht den Indigenen, nicht dem Regenwald und nicht dem Klimaschutz", so Müller.
Er plädierte für ein EU-Mercosur-Handelsabkommen, das die Beschränkung der Soja- und Palmöleinfuhren auf zertifizierte, nicht von Brandrodung betroffene Flächen beinhalte. "Dies können und müssen wir jetzt im Rahmen des Mercosur-Handelsabkommens mit Brasilien und auch im Abkommen mit Indonesien vereinbaren", sagte der Minister.
Frankreich und Irland drohen mit Ablehnung des Mercosur-Abkommens
Paris und Dublin drohen hingegen wegen der Brände im brasilianischen Regenwald mit Konsequenzen. Frankreich will das Mercosur-Abkommen in seiner jetzigen Form ablehnen. Der irische Ministerpräsident Leo Varadkar will keinesfalls dem Abkommen zustimmen, sollte Brasilien seinen Umweltschutzforderungen nicht nachkommen.
Auch Grünen-Chef Robert Habeck fordert die Bundesregierung und die EU auf, wegen der verheerenden Brände im Amazonas wirtschaftlichen Druck auf Brasilien auszuüben. "Deutschland und Europa dürfen dem nicht tatenlos zuschauen. Sie müssen das Mercosur-Abkommen stoppen und so den Druck auf Brasilien erhöhen", sagte Habeck den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Regierungssprecher Steffen Seibert hat sich den Forderungen nicht angeschlossen. Allerdings betonte er, dass die Bundeskanzlerin über das Ausmaß der Brände im Amazonasgebiet besorgt sei und daher wie auch Frankreich über das Thema auf dem am Samstag beginnenden G7 Gipfel in Frankreich sprechen wolle.
Das genaue Ausmaß der Waldbrände ist nur schwer zu erfassen. Laut dem brasilianischen Weltraumforschungsinstitut INPE brachen in ganz Brasilien binnen 48 Stunden fast 2.500 neue Brände aus. Demnach gab es seit Jahresbeginn bereits mehr als 75.000 Waldbrände - ein Zuwachs von 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Hauptgrund ist die Waldrodung. Der brasilianische Präsident und Klimaskeptiker Jair Bolsonaro hat dagegen wiederholt Umweltschutzgruppen für die Waldbrände verantwortlich gemacht.
(Mit Material von AFP)
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August 23, 2019 09:36 ET (13:36 GMT)
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