BERLIN (Dow Jones)--Das Präsidium der SPD hat das Konzept für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer beschlossen, das eine Arbeitsgruppe unter Leitung des kommissarischen SPD-Vorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel ausgearbeitet hat. Laut den beschlossenen Eckpunkten ist ein Steuersatz von 1 Prozent vorgesehen, für "Superreiche" soll er aber möglicherweise höher liegen. Weil die Vermögensteuer "ausschließlich die ein bis zwei Prozent der größten Vermögen in Deutschland" betreffen soll, sind hohe persönliche Freibeträge geplant.
Einbezogen werden sollen auch Kapitalgesellschaften, mit einer Freigrenze für steuerpflichtige Vermögen. Auch Auslandsvermögen sollen steuerpflichtig sein, soweit sie nicht durch Doppelbesteuerungsabkommen freigestellt sind. Eine weitgehende Freistellung soll es für Altersvorsorgevermögen geben. Bei Betriebsvermögen soll es zur Vermeidung einer Substanzbesteuerung Verschonungsregelungen geben. In dem Konzept ist auch eine Meldepflicht der Banken "über Wert und Umfang der in ihrem Gewahrsam befindlichen Vermögensgegenstände" vorgesehen.
"Die Frage nach einer Wieder-Erhebung der Vermögenssteuer ist eine Frage der Gerechtigkeit", betont die SPD. "Die persönliche Vermögensteuer soll die Steuerbelastung auf besonders reiche Teile der Bevölkerung konzentrieren, was durch hohe persönliche Freibeträge sichergestellt wird." Die Besteuerung orientiere sich am Modell der Schweiz, das heißt neben natürlichen Personen sollten damit auch juristische Personen - insbesondere Kapitalgesellschaften - eigenständig der Vermögensteuer unterliegen.
Wirtschaft läuft Sturm
"Für uns ist klar, dass wir der gesellschaftlich brisanten Entwicklung der Vermögenskonzentration auf der einen Seite und der riesigen Investitionslücke auf der anderen Seite nicht zuschauen dürfen", betonen die Sozialdemokraten in dem Konzept, das der Parteitag im Dezember beschließen soll und mit dem die Partei dann in den nächsten Bundestagswahlkampf ziehen will. Allein in Städten und Kommunen hätten sich überfällige Investitionen etwa in Schulen und Schwimmbäder im vergangenen Jahr auf den Rekordwert von 159 Milliarden Euro summiert. Als mögliches Aufkommen wird in dem Konzept eine von früheren Werten hochgerechnete Summe von 9 Milliarden Euro genannt.
Die Reaktionen auf die Pläne fielen unterschiedlich aus. CDU und CSU wiesen sie zurück und machten sich im Gegenzug für Steuerentlastungen stark. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr erklärte in der Nordwest-Zeitung, die SPD lege "in der Neiddebatte noch eine Schippe drauf". Aus der Wirtschaft kam heftige Kritik. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter, sah in einer Vermögensteuer einen "gefährlichen steuerpolitischen Irrweg". Eine Vermögensteuer würde zu massiven Mehrbelastungen der deutschen Unternehmen führen und ginge "zwangsläufig zulasten von Investitionen und damit auf Kosten von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Arbeitsplätzen", sagte er der Rheinischen Post.
Der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mario Ohoven, sprach von einer "unsinnigen Forderung", die die Wirtschaft verunsichere. "Eine zusätzliche Steuer ginge zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands und somit auch zu Lasten vieler Arbeitsplätze", warnte er. Grünen-Chef Robert Habeck betonte hingegen "ohne Frage richtig, dass höhere Vermögen einen größeren Beitrag zum Steueraufkommen leisten müssen". Das SPD-Konzept stufte er aber als "Strohfeuer" ein. Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi nannte es "tragisch, dass die SPD immer erst dann das Gleis wechselt, wenn es an den Mehrheiten im Parlament fehlt". Die Wiederbelebung der Vermögensteuer sei ein wichtiger Schritt. Die Linke stehe bereit, sinnvolle Initiativen zur Vermögensbesteuerung in Bundestag und Bundesrat zu unterstützen.
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August 26, 2019 09:47 ET (13:47 GMT)
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