BERLIN (Dow Jones)--Die Ratifizierung des verhandelten Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur wird nach Ansicht einer hochrangingen Kommissionsmitarbeiterin von der weiteren Entwicklung im Amazonas-Gebiet abhängen.
Die EU habe eine klare Botschaft gesandt, nämlich dass Europa zu dem Abkommen stehe. "Aber das, was sich jetzt und in den nächsten Monaten und Jahren abspielt, was den Amazonas angeht, hat eine unmittelbare Auswirkung auf die Fähigkeit der EU, dieses Abkommen tatsächlich zu ratifizieren", sagte Sabine Weyand, Generaldirektorin Handel. "Das ist einfach eine realistische Erinnerung an die politischen Realitäten."
Nach ihrer Einschätzung könnte das Abkommen bei optimistischer Annahme im Herbst 2020 zur Unterzeichnung gebracht werden. Letztlich muss es von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden, ein Prozess, der sich, wie bei anderen Abkommen, über Jahre hinziehen könnte.
Das Abkommen sei im Grundsatz verhandelt, so Weyand, aber noch müssten technische Details in Zollfragen ausgearbeitet werden. Dort habe man noch eine Wegstrecke vor sich. Insgesamt könne das Abkommen, das nach ihren Worten einen "Beitrag zur gerechteren Gestaltung der Globalisierung" leistet, aber nicht mehr nachverhandelt werden.
Wegen der Waldbrände im Amazonasgebiet ist die brasilianische Regierung in Europa unter Beschuss geraten. Ihr wird vorgeworfen, nur unzureichend gegen die Ausweitung der Brände vorzugehen.
Frankreich und Irland haben daher mit Konsequenzen gedroht. Frankreich will das Mercosur-Abkommen in seiner jetzigen Form ablehnen. Der irische Ministerpräsident Leo Varadkar will keinesfalls dem Abkommen zustimmen, sollte Brasilien seinen Umweltschutzforderungen nicht nachkommen. Auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat angekündigt, das Abkommen nicht ohne weiteres zu ratifizieren.
Das Abkommen mit seinen rechtsverpflichtenden Passagen kann nach der Unterzeichnung und dann nach der Zustimmung des Europäischen Rats dem Europäischen Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden. Danach könnte es vorläufig in Kraft treten, während es den nationalen Parlamenten zur Ratifizierung vorliegt. Dieser Ratifizierungsprozess sei zeitintensiv, so Weyand, die auf den Zeitraum von fünf Jahren für das Handelsabkommen mit Südkorea verwies.
Das Mercosur-Abkommen sieht keine Sanktionsmechanismen vor. Im Fall von Streitigkeiten würde ein Streitschlichtungsmechanismus greifen, zu dem auch ein Panel unter Beteiligung der Zivilgesellschaft zähle. Durch diese Transparenz würde eine Öffentlichkeit aufgebaut werden, durch den der potenzielle Reputationsverlust so hoch sei, dass sie eine schnellere Beilegung der Streitigkeiten erwartet als beim Instrument der Wirtschaftssanktionen. "Wir setzen eher auf Kooperation", so Weyand.
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August 28, 2019 07:17 ET (11:17 GMT)
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