Ungeachtet des Verfassungsstreits in Großbritannien will die EU-Kommission mit der britischen Regierung an einem vertraglich geregelten Brexit arbeiten und erwartet dafür neue Ideen aus London. "Je schneller wir umsetzbare Vorschläge sehen, desto besser", sagte eine Kommissionssprecherin am Mittwoch in Brüssel. Die innenpolitischen Entwicklungen in Großbritannien werde man nicht kommentieren.
Premierminister Boris Johnson hatte eine einmonatige Sitzungspause des britischen Parlaments von Mitte September bis Mitte Oktober beantragt. Das würde Abgeordneten Optionen zum Stopp eines ungeregelten Brexits nehmen, was heftigen Protest auslöst. Parlamentspräsident John Bercow nannte Johnsons Schritt einen "Frevel gegen die Verfassung".
Auch aus dem Europaparlament kam Kritik. Dessen Brexit-Beauftragter Guy Verhofstadt drückte den Abgeordneten in London Solidarität aus. "Die Unterdrückung einer Debatte über tiefgreifende Entscheidungen wird wahrscheinlich nicht zu einer stabilen künftigen Beziehung zwischen der EU und Großbritannien beitragen", schrieb er auf Twitter. Der SPD-Europapolitiker Udo Bullmann sprach ebenfalls auf Twitter von einem "skandalösen Affront".
Johnsons Brexit-Berater David Frost führte am Mittwoch Gespräche mit der EU-Kommission in Brüssel, wie die Sprecherin bestätigte. Es geht um die britische Forderung nach Änderungen des Austrittsvertrags. Über Ergebnisse wurde nichts bekannt. Johnson und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hätten vereinbart, in Kontakt zu bleiben, sagte die Sprecherin. Sie schloss auch ein Treffen der beiden nicht aus.
Johnsons Vorstoß für die Parlaments-Zwangspause ist zeitlich so angelegt, dass es beim regulären EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober noch einmal zum Brexit-Showdown kommen könnte - zu einem letzten Lösungsversuch mit der EU vor dem Austrittsdatum 31. Oktober./vsr/DP/nas
AXC0217 2019-08-28/13:58