BERLIN (Dow Jones)--In Ostdeutschland sind laut einer Studie Verunsicherung, Abstiegsängste und die Zuwendung zu populistischen Parteien stärker verbreitet. Während sich im Westen vor allem un- und angelernte Beschäftigte große Sorgen um ihre berufliche und soziale Zukunft machen und zugleich überdurchschnittlich häufig rechts wählten, treffe das in den neuen Bundesländern auch auf Berufsgruppen mit mittlerem Status wie Facharbeiter oder Angestellte mit mittlerem Bildungsabschluss zu, wie eine repräsentative Befragung im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung zeigt.
"Das Aufstiegs- und Sicherheitsversprechen der 'alten' Bundesrepublik ist im Osten auch 30 Jahre nach dem Mauerfall in der Mitte der Gesellschaft nicht angekommen", sagte die Paderborner Soziologin Bettina Kohlrausch über die Befunde. Das Prinzip, dass eine solide Bildung und Ausbildung helfe, die Arbeit und berufliche Zukunft einigermaßen zu sichern, funktioniere offenbar auch nach Erfahrung von vielen Beschäftigten mit mittlerer Qualifikation nicht.
So werden in Sachsen nur 39 und in Brandenburg 45 Prozent der Beschäftigten nach einem Tarifvertrag bezahlt, wie eine Auswertung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt. Im Mittel der westdeutschen Bundesländer sind es dagegen 57 Prozent.
Besondere Sorgen machten sich Facharbeiter in den neuen Bundesländern angesichts der Digitalisierung. So sagten deutlich weniger Ost- als Westdeutsche, dass sie berufliche Chancen in Europa und der ganzen Welt hätten. Wer keine Chancen für sich sah, wählte im Osten bei der vergangenen Bundestagswahl deutlich häufiger AfD. Im Westen war der Unterschied nicht einmal halb so groß, aber gleichwohl signifikant.
Für die Studie wurden zwischen 2017 und Anfang 2019 in mehreren Wellen 4.892 Wahlberechtigte in Deutschland interviewt.
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September 02, 2019 06:11 ET (10:11 GMT)
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