CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und der bulgarische Ministerpräsident Boiko Borissow haben den Umgang des britischen Premierministers Boris Johnson mit dem Parlament in London kritisiert. "Als überzeugter Parlamentarier, (...) kann ich so eine Situation nur als befremdlich beschreiben", antwortete Dobrindt am Dienstag in Berlin vor einem Gespräch der CSU-Bundestagsabgeordneten mit Borissow auf eine Reporterfrage. Borissow sagte, man würde bei einem ähnlichen Vorgehen in seinem Land von einer Art Diktatur sprechen. "Zum Glück ist so etwas undenkbar bei uns in Bulgarien."
Johnson droht, Großbritannien am 31. Oktober ohne Abkommen aus der EU zu führen, sollte sich Brüssel bis dahin nicht auf seine Forderungen nach Änderungen am Austrittsabkommen einlassen. Für den Abend hatten in London 18 Abgeordnete eine Dringlichkeitsdebatte beantragt. Sie wollten schon am Mittwoch mit einem Gesetzgebungsverfahren beginnen, um einen ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der EU - No-Deal-Brexit genannt - am 31. Oktober zu verhindern. Der Zeitdruck ist so groß, weil Johnson dem Parlament ab kommender Woche eine gut vierwöchige Zwangspause auferlegt hat.
Dobrindt sagte, es sei nicht ungewöhnlich, dass sich eine Regierung mit einem Parlament in einer Entscheidungsdebatte befinde. "Auch wenn es sich mal um ganz schwierige Entscheidungen handeln kann, ist zumindest nach unseren Vorstellungen das Parlament als Partner einer Regierung in der Debatte und in der Entscheidung nicht außer Kraft zu setzen", ergänzte er. An diesem Mittwoch will Dobrindt mit britischen Parlamentariern sprechen, um sich über die Lage zu informieren.
Borissow sagte, beim Besuch der künftigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Sofia Ende August habe er sich einen Scherz erlaubt. Er habe gesagt, wenn seine Regierung von heute auf morgen das Parlament schließen würde, "würden wir sofort zugespitzte Noten aus Berlin und von anderswo bekommen, wieso wir uns sowas erlauben". Er habe schon zu Beginn der Brexit-Debatten vor Jahren gesagt: "Das wird kein gutes Ende nehmen." Man habe in den EU-Ministerräten mehrfach schlaflose Nächte wegen des Brexits gehabt und unglaubliche Zugeständnisse gemacht. Bis zum heutigen Tag gebe es aber keine Abweichungen zum Stand der Verhandlungen von vor drei Jahren./bk/DP/nas
AXC0203 2019-09-03/16:31