BERLIN (Dow Jones)--Experten und Politiker haben in einer Bundestagsdiskussion vor den Methan-Emissionen beim Erdgas gewarnt und genauere Forschungen angemahnt. Rund ein Viertel des globalen Treibhauseffekts entstehe durch Methangas, das 84-mal klimaschädlicher als CO2 sei, erklärte Stefan Schwietzke, Wissenschaftler des Environmental Defense Funds (EDF) bei einem Fachgespräch zur Klimawirkung von Erdgas im Deutschen Bundestag. Mindestens 2,3 Prozent kämen durch ungewollte Leckagen in die Atmosphäre. "Selbst kleine Emissionsmengen sind in der Summe klimaschädlich", sagte Schwietzke. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, brauche es deutlich weniger Leckagen und transparentere, unabhängige Messungen.
Die parlamentarische Runde, die von der FDP-Fraktion und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) initiiert wurde, diskutierte anhand des Methan-Problems auch die Frage, welche Rolle Erdgas bei der Klimawende spielen könne. Der EDF-Experte zeigte sich hier skeptisch: "Die Leckagen treten auf, egal wo das Gas herkommt."
FDP für Integration von Erdgas- und Wasserstoff-Infrastruktur
Der klimapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Lukas Köhler, plädierte dagegen dafür, Gas- und Wasserstoffinfrastrukturen zu integrieren. Damit könnten die Grundlagen geschaffen werden, grünen Wasserstoff - also solchen, der mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen umgewandelt wurde - breiter anzuwenden. Um das Methan-Problem in den Griff zu kriegen, brauche es "international einheitliche Standards und Messverfahren", forderte Köhler.
Die SPD setzt auf eine Zertifizierung von Erdgas. "Wir wollen auch schauen, dass wir Leckagen reduzieren", sagte Energie-Fraktionsexperte Timon Gremmels. Für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 müsse das Ziel sein, Power-to-X-Technologien und klimaneutrale Gasen zu fördern, so der SPD-Politiker.
Linke: "Erdgas ist ein Durchlauferhitzer"
Dagegen halten Grüne und Linke Erdgas nicht für den Weg zur Klimaneutralität 2050. "Selbst wenn wir irgendwann grünes Gas haben, ist es trotzdem Methan und hat Klimawirkung", sagte die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Julia Verlinden. Für das Gasnetz brauche es deshalb regelmäßige Dichtheitskontrollen, durchgeführt von unabhängigen Gutachtern. Besser sei es, den Gasbedarf insgesamt zu reduzieren. "Im Wärmesektor sollten wir auf Wärmepumpen, Solarthermie und Erneuerbare Energien setzen", schlug Verlinden vor.
Dem schloss sich ihr Fachkollege Lorenz Gösta Beutin von den Linken an: "Erdgas ist keine Brückentechnologie, sondern eher ein Durchlauferhitzer." Der Zubau der Gas-Infrastruktur sei "eine Wette auf das Scheitern der Klimaschutzziele", so Beutin.
Gaswirtschaft hat Methan-Emissionen um ein Drittel reduziert
Vertreter der Unionsfraktion waren bei dem Fachgespräch nicht zugegen. Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) wies gegenüber Dow Jones Newswires auf eine Faktensammlung von September hin. Demnach haben sich die Methan-Emissionen der deutschen Erdgas-Branche seit 1990 um 39 Prozent verringert. Ihr Anteil aus der deutschen Erdöl- und Erdgasindustrie liege weltweit bei 0,5 Prozent und damit unter EU-Durchschnitt.
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September 10, 2019 11:06 ET (15:06 GMT)
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