Italiens Finanzminister Roberto Gualtieri sieht nach dem Regierungswechsel in Rom eine neue Phase im Verhältnis seines Landes zu Europa. "Die zwiespältige und konfliktreiche Beziehung der Lega zu Europa ist uns sehr teuer zu stehen gekommen, wegen der Milliarden, die durch höhere Zinsen, weniger Vertrauen und weniger Investitionen verbrannt wurden, aber auch wegen eines verringerten politischen Gewichts Italiens in Brüssel", sagte Gualtieri in einem Interview der römischen Tageszeitung "La Repubblica" (Freitag).
In Italien war im August die Koalition aus rechter Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung zerbrochen. Die Fünf Sterne bildeten ein neues Bündnis mit den Sozialdemokraten (PD), Ministerpräsident blieb der parteilose Giuseppe Conte. Gualtieri, der zuvor im EU-Parlament den Ausschuss für Wirtschaft und Währung geleitet hatte, sagte in dem Interview, dass es die von der Lega in Italien geplante "Flat Tax" nicht geben werde. Stattdessen seien Steuererleichterung für Geringverdiener angedacht.
Im Haushaltsstreit mit Brüssel setzt der 53-jähriger PD-Politiker auf Deeskalation. "Diese Regierung kämpft innerhalb der Regeln, aber sie bemüht sich auch, sie zu ändern und zu verbessern", sagte er. Italien ist mit rund 133 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschuldet und muss seine Schuldenquote laut Euro-Stabilitätspakt senken. Die Spielregeln des Eurosystems erlauben eigentlich maximal 60 Prozent.
"Es ist wichtig, auf glaubwürdige Weise die Schulden auf einen Weg der Verringerung zu führen, sei es durch Wirtschaftswachstum, sei es durch stabile öffentliche Finanzen", sagte Gualtieri. Der "Spread", also der Risikoaufschlag auf italienische Anleihen, sei schon stark gesunken, aber man wolle ihn weiter senken. Er brachte zugleich die Idee ins Spiel, den "Green New Deal", ein neu geplantes italienisches Umweltprogramm, bei der Defizitberechnung außen vor zu lassen./blu/DP/jha
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