BERLIN (Dow Jones)--Im vergangenen Jahr hat sich die Migration in die Industriestaaten verändert. So ist die Zahl der Arbeitsmigranten in die OECD-Ländern gestiegen während die Zahl der Asylanträge stark zurückging. Das ist das Ergebnis einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die am Mittwoch vorgestellt wurde.
"Dieser klare Anstieg bei der temporären Arbeitsmigration ist ein deutliches Zeichen für die Dynamik und Integration auf den OECD-Arbeitsmärkten", sagte OECD-Generalsekretär Angel Gurria. "Temporäre Arbeitsmigranten bringen von Arbeitgebern dringend nachgefragte Qualifikation mit."
Nach den Daten des Berichts "International Migration Outlook 2019" stieg im Jahr 2018 die Zahl der dauerhaften Einwanderer in die OECD-Länder gegenüber dem Vorjahr um 2 Prozent auf rund 5,3 Millionen. Dabei gab es mit 1,07 Millionen Asylanträgen in den OECD-Ländern rund 35 Prozent weniger Anträge als in den Rekordjahren 2015 und 2016, wo jeweils 1,65 Million Menschen um einen Schutzstatus ersucht hatten. Insgesamt hat Polen inzwischen die USA als Haupteinwanderungsland bei der temporären Migration in der OECD überholt.
Beschäftigungsquote bei Zuwanderern auf Höchststand
In Deutschland war im Jahr 2017 die Einwanderung wegen der geringeren Zahl an Flüchtlingen insgesamt das zweite Jahr in Folge stark rückläufig. Die Zahl der dauerhaften Zuwanderer lag bei 860.000, so die OECD. Erste vorläufige Zahlen deuten für 2018 auf einen weiteren, begrenzten Rückgang hin.
"Auch wenn die Flüchtlingszuwanderung nach Deutschland erheblich abgenommen hat, bleibt die Zuwanderung auf hohem Niveau", erklärte OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig. Dabei speise sich das hohe Niveau weitgehend aus arbeitsmarktorientierter Migration und weniger aus humanitärer Zuwanderung.
Auffällig ist zudem, dass die Beschäftigungsquote der Zuwanderer in Deutschland im vergangen Jahr auf Rekordniveau war, wobei die Flüchtlinge insgesamt einen relativ kleinen Teil der Gesamtzuwanderung ausmachten.
Zwar ist die deutsche Arbeitslosenquote im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 leicht angestiegen, aber dannach gab es einen erheblichen Rückgang. Die Beschäftigungsquote der Zuwanderer erreichte im vergangenen Jahr mit 70 Prozent einen historischen Höchststand. "Das ist schon sehr beachtlich", so Liebig. Ähnlich sehe es in Österreich aus. "In beiden Ländern, die sehr stark die Flüchtlingswelle zu verkraften hatten, macht sich das auf den globalen Arbeitsmarktzahlen eigentlich nicht bemerkbar", betonte Liebig.
Allerdings bedeute das nicht, dass die Integration geschafft sei und keine Herausforderungen mehr bestünden. Denn mit der Flüchtlingskrise war in den letzten Jahren in Deutschland ein "erheblicher Anstieg" in der Erwerbstätigen-Armut zu verzeichnen, wobei die absoluten Zahlen der Erwerbstätigen-Armut im internationalen Vergleich noch immer moderate seien.
Kritik am Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Insgesamt lobte Liebig die jüngsten deutschen Gesetze zur Steuerung von Migration. Richtig sei der angepeilte Vierklang aus einer relativ großzügigen humanitären Politik, neuen Wegen für die Arbeitsmigration, erleichterte Rückkehr von abgelehnten Asylbewerbern und die Integration von denen, die in Deutschland bleiben.
Kritisch zu bewerten sei allerdings Deutschlands Fachkräfteeinwanderungesetz. Es sei hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben und werde "nur sehr beschränkt eine Wirkung entfalten". Denn man bestehe auf die Anerkennung der Berufsabschlüsse, was im internationalen Bereich unüblich sei. Aus Sicht der OECD wäre es besser gewesen, nicht so stark auf formal anerkannte Qualifikationen zu schauen, sondern eher, ob die potentiellen Zuwanderer Sprachkenntnisse haben.
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September 18, 2019 06:23 ET (10:23 GMT)
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