Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Wohnimmobilien in den urbanen Gebieten Deutschlands sind nach Einschätzung des europäischen Systemrisikorats ESRB deutlich überteuert. In seinem jährlichen Bericht weist der ESRB darauf hin, dass das Wachstum der Kreditvergabe für Wohnimmobilienfinanzierungen moderat ist. Er regt aber trotzdem an, dass Deutschland zusätzlich zu den bereits existierenden weitere dämpfende Maßnahmen ergreifen und zudem mehr Daten zur Preisentwicklung im Immobiliensektor erheben sollte.
Deutschland erhält von ESRB eine Warnung. Das bedeutet, dass das Gremium keine ersten Sorgen mit Blick auf den Wohnimmobilienmarkt hat, aber doch auf Risiken hinweisen möchte. Nimmt Deutschland diese Sorgen nicht ernst, könnte der von EZB-Präsident Mario Draghi geleitete ESRB im nächsten Jahr Hinweise formulieren, die Deutschland dann befolgen oder deren Nichtbefolgung es erklären müsste.
Wörtlich heißt es in der Warnung an Deutschland: "Die meisten Preisindikatoren für Wohnimmobilien deuten darauf hin, dass die Häuserpreise in Deutschland zu hoch sind. Wie schon 2016 und 2017 deuten auch Schätzungen für 2018 darauf hin, dass die Preise in städtischen Gebieten deutlich überteuert sind." Inzwischen zeigten sich Preisanstiege auch in ländlichen Gebieten.
Zugleich weist der ESRB aber darauf hin, dass die Kreditvergabe für die Finanzierung dieser Immobilien weiterhin nur moderat wächst. "Allerdings können die Kreditvergabestandards nicht richtig analysiert werden, weil es keine detaillierten Daten zum Verhältnis von Kreditsumme zum Wert der Immobilie (loan-to-value ratio) gibt." Diese Datenlücke sollte geschlossen werden. Der ESRB sieht gewisse Anzeichen dafür, dass dieses Verhältnis gestiegen ist.
Die Deutsche Bundesbank hatte am Morgen darauf hingewiesen, dass sie weiterhin einen Anstieg der so genannten Beleihungsausläufe beobachte. Allerdings ist die Haushaltsverschuldung in Deutschland verglichen mit der anderer Euro-Länder laut ESRB gering. Gedämpft wird das Risiko einer Blasenbildung am Wohnimmobilienmarkt in Deutschland durch lange Zinsbindungsfristen.
Im Sommer hatten der Ausschuss für Finanzstabilität (AfS) die Einführung eines antizyklischen Kapitalpuffers von 0,25 Prozentpunkten beschlossen. Der ESRB regte an, dass der AfS die Möglichkeit bekommen sollte, verbindliche loan-to-value ratios und debt-service-to-income ratios festzulegen. Einkommensbasierte Instrumente seien in Deutschland noch nicht verfügbar.
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September 23, 2019 12:05 ET (16:05 GMT)
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