Wegen Vorwürfen des Machtmissbrauchs gegen Donald Trump leiten die US-Demokraten erste konkrete Schritte für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten ein. "Der Präsident muss zur Rechenschaft gezogen werden. Niemand steht über dem Gesetz", sagte die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Dienstag (Ortszeit) in Washington. Hintergrund sind vor wenigen Tagen bekanntgewordene Anschuldigungen gegen Trump im Zusammenhang mit der Ukraine. Der Republikaner ging die Demokraten für ihre Entscheidung scharf an.
Was am Dienstag in Washington in Gang gesetzt wurde, ist ein kompliziertes Prozedere - das allein schon wegen der Mehrheitsverhältnisse im Kongress geringe Erfolgsaussichten hat. Denn die entscheidende Hürde für die Amtsenthebung eines Präsidenten stellt der Senat dar, und der wird zurzeit von Trumps Republikanern dominiert.
Trump bezeichnete das Vorgehen der Demokraten als "Hexenjagd-Müll" und warf ihnen kurz nach Pelosis Ansprache vor, einen erfolgreichen Tag "absichtlich" ruiniert zu haben. "So schlecht für unser Land!", twitterte er. Am Rande der UN-Vollversammlung in New York hatte er zuvor deutlich gemacht, dass sich die Demokraten seiner Ansicht nach mit ihrem Vorstoß ins eigene Fleisch schneiden würden. "Sie (die Demokraten) werden die Wahl verlieren", sagte er mit Blick auf die Präsidentschaftswahl im November 2020.
Seit Tagen ist Washington in Aufruhr wegen neuer Vorwürfe gegen Trump. Demnach soll er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat im Juli mehrfach aufgefordert haben, Ermittlungen einzuleiten, die dem demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden schaden könnten. Im Gegenzug soll Trump dem Ukrainer laut Berichten ein unangemessenes "Versprechen" gegeben haben, zu dessen Inhalt allerdings nichts bekannt ist. US-Medien zufolge hatte Trump persönlich angeordnet, der Ukraine zugesagte Hilfen von rund 400 Millionen US-Dollar zunächst nicht auszuzahlen.
Demokraten sehen darin einen möglichen Fall von Amtsmissbrauch und versuchter Beeinflussung der nächsten Präsidentschaftswahl. Trump hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen. Zu seiner Entlastung kündigte er für Mittwoch die Veröffentlichung der Mitschrift des strittigen Telefonats an. Doch so lange warteten die Demokraten nicht - was Trump zum Anlass für weitere Kritik nahm. "Sie haben nicht einmal die Niederschrift des Telefonats gesehen", schrieb er auf Twitter. Trump zufolge hat die ukrainische Regierung seinem Außenminister Mike Pompeo die Erlaubnis gegeben, das Transkript zu veröffentlichen.
In den Reihen der Demokraten gibt es schon seit langem Rufe nach einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump - vor allem wegen der sogenannten Russland-Affäre. Ein Sonderermittler hatte rund zwei Jahre lang untersucht, ob Trumps Wahlkampflager geheime Absprachen mit Russland zur mutmaßlichen Einmischung Moskaus in den US-Wahlkampf 2016 traf und ob Trump als Präsident später die Justizermittlungen behinderte. Das Ermittlerteam förderte einige belastende Punkte gegen Trump zu Tage, legte alle weiteren Schritte aber quasi in die Hand des Kongresses.
Angesichts der neuen Vorwürfe rund um die Ukraine sprachen sich zuletzt immer mehr demokratische Abgeordnete dafür aus, nun doch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump in Gang zu setzen. US-Medien bezifferten die Zahl der Befürworter zuletzt auf mehr als 180.
Ein sogenanntes Impeachment könnte nach Untersuchungen und einer Identifizierung von bestimmten Anklagepunkten zwar mit der Mehrheit der Demokraten im Abgeordnetenhaus angestrengt werden. Nötig wären dafür mindestens 218 Stimmen in der Kammer, in der die Demokraten eine Mehrheit von 235 der 435 Sitze haben. Die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsenthebung läge aber im Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Die Chancen, dass die Demokraten mit ihrem Vorhaben Erfolg haben, sind also gering.
"Sie (Pelosi) kann nicht einseitig entscheiden, was hier passiert", sagte der Fraktionschef der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy. Der demokratische Mehrheitsführer in der Kammer pflichtete Pelosi dagegen bei: "Wir werden den Fakten weiter nachgehen und ihnen folgen, wo immer sie hinführen", erklärte Steny Hoyer. Letztlich könne das auch ein Amtsenthebungsverfahren bedeuten.
Die Demokraten könnten gegen Trumps politische Erfolge nicht ankommen, erklärte Trumps Wahlkampfchef Brad Parscale auf Twitter. Mit ihrer "fehlgeleiteten Impeachment-Strategie" hätten sie dem Präsidenten nun "offiziell den Weg für einen haushohen Sieg geebnet".
Bisher ist noch kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben worden. Zuletzt musste sich der Demokrat Bill Clinton 1999 wegen einer Lüge über seine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky einem Verfahren stellen. Der Senat sprach ihn jedoch von den Vorwürfen des Meineides und der Behinderung der Justiz frei. Der Republikaner Richard Nixon war 1974 in der sogenannten Watergate-Affäre um die abgehörte Wahlkampfzentrale des politischen Gegners einer Amtsenthebung durch seinen Rücktritt zuvorgekommen./jac/jbz/lkl/DP/zb
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