BERLIN (Dow Jones)--Für Bundeskanzlerin Angela Merkel stehen die geplanten Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung nicht im Widerspruch zu Wirtschaftswachstum.
"Eine Mehrheit in Deutschland findet, dass Klimaschutz Vorrang vor Wirtschaftswachstum haben sollte. Ich kann diesen Gedanken einerseits verstehen, glaube aber, dass er zu kurz gegriffen ist", sagte Merkel auf einer Klimakonferenz ihrer Unionsfraktion in Berlin.
"Denn wir sollten, und ich glaube wir können das auch, deutlich machen, dass beides geht." Es gehe darum zu zeigen, dass Treibhausgasneuträlität "kein Wachstumshindernis" ist, sondern im Gegenteil große Chancen für Innovation, Beschäftigung und Wohlstand in sich berge.
Denn nun gehe es um völlig neue Marktpotentiale, wie beispielsweise bei erneuerbaren Energien, bei Umwelt- und Effizienztechnologien.
"Fortschritte beim Klimaschutz also nicht trotz, sondern mit Hilfe technologischer Erneuerung - darauf kommt es an", betonte Merkel. "Nachhaltigkeit muss Ökonomie und Ökologie miteinander in Einklang bringen."
Gleichzeitig betonte sie, dass der am Mittwoch veröffentlichte Sonderbericht des Weltklimarats IPCC die Dringlichkeit des Handelns unterstreiche. Nach Angaben des IPCC hat sich der Anstieg des Meeresspiegels deutlich beschleunigt und Wetterextreme wie Überschwemmungen drohten in Zukunft in zahlreichen Metropolen. Für Merkel signalisierte der Bericht, dass man hier "entschlossen handeln" müsse, denn es gehe um ein sehr "grundsätzliches Umdenken einer ganzen Gesellschaft".
"Letztendlich geht es darum, nachhaltig zu wirtschaften und sich die Folgen des eigenen wirtschaften auch vor Augen zu führen", so Merkel.
Zuvor hat das Bundeskabinett das Klimaschutzpaket der Bundesregierung auf den Weg gebracht, mit dem Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent verringern will.
Die Pläne sehen einen Mix aus Anreizen für klimafreundliche Investitionen, Verboten wie beispielsweise den Einbau neuer Ölheizung und die Einführung eines CO2-Preis in den Sektoren Verkehr und Gebäude vor.
Ab 2021 soll dazu ein System des Zertifikatehandels eingeführt werden, das Emissionen aus der Verbrennung von Brenn- und Kraftstoffen umfasst. Der Einstiegspreis soll bei 10 Euro pro Tonne CO2 liegen. Bis 2023 will die Regierung 53 Milliarden Euro in klimafreundliche Technologien investieren. In der nächsten Dekade soll der Betrag von über 100 Milliarden Euro anschwellen.
Klimaexperten haben die Maßnahmen allerdings als unzureichend bezeichnet. Damit werde Deutschland seine Klimaschutzziele nicht einhalten können.
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September 25, 2019 11:18 ET (15:18 GMT)
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