BERLIN (Dow Jones)--Vor dem Debakel um die Pkw-Maut hat die Bundesregierung das Risiko einer juristischen Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof intern auf bis zu 15 Prozent eingeschätzt. Sie hielt die Einführung noch vor einem Urteil aber dennoch für "geboten", wie der Tagesspiegel am Dienstag berichtete. Das gehe aus einem Schreiben des Bundesverkehrsministeriums an den Grünen-Abgeordneten Sven-Christian Kindler hervor.
Die interne Einschätzung, dass es zu einem rechtlichen Stopp der Maut kommen könnte, lag dem Bericht zufolge bei einer mittleren von fünf Klassifizierungen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim 2018 geschlossen, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand.
Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Kindler kritisierte, dass sich der Bundesverkehrsminister in die eigene Tasche gelogen habe. "Ein Blick in die Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages hätte genügt, um zu erkennen, dass das Risiko eines negativen EUGH-Urteils erheblich ist", sagte er dem Tagesspiegel. Scheuer habe "bewusst den Kopf in den Sand gesteckt", um das politische Projekt der Pkw-Maut "gegen jeden gesunden Menschenverstand" durchzusetzen.
Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums erklärte gegenüber Dow Jones Newswires, der Bundestags-Bericht zur Risikoherleitung sei seit knapp zwei Wochen auf der Ministeriums-Webseite zu finden. Das Haus setze beim Thema Pkw-Maut "auf maximal mögliche Transparenz".
Grüne, FDP und Linke wollen den Druck auf Scheuer dennoch erhöhen. Sie haben sich bereits auf einen Beschlussentwurf zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses geeinigt. Dieser soll etwa klären, welche Risiken und Verpflichtungen die Bundesregierung im Zusammenhang mit der geplanten Pkw-Maut eingegangen ist.
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October 01, 2019 06:01 ET (10:01 GMT)
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