Zu Beginn der weltweiten Klimaproteste von Extinction Rebellion sind die Auswirkungen der Verkehrsblockaden in Berlin zunächst überschaubar geblieben. Mehrere Tausend Demonstranten nahmen laut Polizei an den beiden Aktionen an der Siegessäule und am Potsdamer Platz teil. In ihrem Aufruf zum gewaltfreien zivilen Ungehorsam gegen die Klimakrise hatte es geheißen: "Wir blockieren Berlin, Paris, New York, Amsterdam, London." Die Berliner Polizei ließ die Aktivisten gewähren - obwohl die Demo an der Siegessäule nicht angemeldet war. Es habe kaum Staus gegeben, hieß es. In Berlin sind gerade Schulferien, dadurch sind weniger Autos unterwegs als üblich.
In Amsterdam und London gab es am Montag zahlreiche Festnahmen. Extinction Rebellion (auf Deutsch etwa: Rebellion gegen das Aussterben) kommt ursprünglich aus Großbritannien. Nach eigenen Angaben gibt es die Gruppe seit November vorigen Jahres auch in Deutschland. Sie fordert unter anderem, dass die nationalen Regierungen sofort den Klimanotstand ausrufen.
Die Amsterdamer Polizei nahm etwa 50 Demonstranten bei einer Blockade-Aktion in Gewahrsam. Die Demonstranten hatten am frühen Montagmorgen eine wichtige Durchgangsstraße versperrt und Dutzende kleine Zelte aufgestellt. Mit "zivilem Ungehorsam" solle die Regierung gezwungen werden, mehr für den Klimaschutz zu tun, sagte ein Sprecher der Demonstranten im niederländischen Radio. Die Stadt hatte die Protestaktion aber an dieser Stelle verboten.
In London legten Teilnehmer des Klimaprotests teilweise den Verkehr in der britischen Hauptstadt lahm. Mehrere Gruppen von Demonstranten blockierten am Morgen die Westminster Bridge und mehrere Straßen im Regierungsviertel. Bereits wenige Stunden nach Beginn des Protests hatte es am Montag in London mehr als 20 Festnahmen gegeben. Auch in Australien und Neuseeland demonstrierten Hunderte Aktivisten, Dutzende wurden festgenommen, wie die Polizei mitteilte.
In Berlin erhielten die Aktivisten Unterstützung von Carola Rackete, die als Flüchtlingsretterin bekannt gewordene Kapitänin. "Es ist mehr als Zeit, dass die Regierung die Wahrheit sagt und den ökologischen Notstand ausruft", forderte Rackete bei ihrer umjubelten Rede an der Siegessäule. Sie sei froh, dass sich Extinction Rebellion dazu entschlossen habe, "die ganze Woche hier zu bleiben, um Berlin Tag und Nacht zu blockieren".
Luisa Neubauer von Fridays for Future sprach am Potsdamer Platz vor den Demonstranten. "Wir brauchen Menschen, die in Massen, in nie dagewesenen Massen auf die Straßen gehen und anfangen, Teil der Lösung zu werden." Am Mittag hatten laut Polizei 300 Demonstranten den Potsdamer Platz blockiert. Sie stellten Blumentöpfe, Sofas, Tische und Stühle auf die Kreuzung. Am Nachmittag sprach die Polizei von 2000 Demonstranten.
Aktionen sollte es unter anderem auch in Paris, Madrid, New York und Buenos Aires geben. Anders als andere Bewegungen wie Greta Thunbergs Fridays for Future, sind die Aktivisten von Extinction Rebellion nach eigenen Angaben bereit, Gesetze zu brechen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Legale Demonstrationen und parlamentarische Prozesse hätten in den vergangenen 30 Jahren nicht zu den nötigen Veränderungen im Klimaschutz geführt, hatte es geheißen.
Kritisch äußerte sich Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). Es sei in Ordnung für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. "Aber wenn man gefährliche Angriffe in den Straßenverkehr ankündigt, das geht natürlich gar nicht", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin".
Die FDP warnte vor antidemokratischen Zügen der Bewegung. "Über die extremen Forderungen zum Klimaschutz hinaus stellen Aktivisten der Gruppierung offen die Demokratie in Frage", sagte Parteichef Christian Lindner der dpa. "Klimaaktivisten und Grüne sollten sich von den antidemokratischen und teils totalitären Äußerungen aus dieser Gruppierung distanzieren."
Die ehemalige Grünen-Politikerin Jutta Ditfurth warnte vor Extinction Rebellion (XR). "XR ist keine "gewaltfreie Klimabewegung", sondern eine religiöse-gewaltfreie esoterische Sekte, welche an die Apokalypse der baldigen "Auslöschung der Menschheit" glaubt und "Selbstaufopferung" empfiehlt", twitterte Ditfurth am Sonntagabend./afa/DP/jha
AXC0154 2019-10-07/15:06