BERLIN (Dow Jones)--Das Wachstumstempo des deutschen Außenhandels tendiert in diesem Jahr angesichts von Handelsspannungen und Brexit in Richtung null. "Wir müssen wohl das laufende Jahr 2019 abschreiben und uns mit einer Schwarzen Null im Export zufriedengeben", sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Holger Bingmann, wobei dies "auch ein Mini-Wachstum von 0,5 Prozent heißen" könne.
Auch die Importe blieben von der schwachen Exportentwicklung nicht unberührt und könnten nach aktueller BGA-Einschätzung im gleichen Zeitraum noch um 2 Prozent zulegen. "Eine Besserung der Situation wird frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2020 erwartet", erklärte der Verband.
"Das ständige Foul-Spiel der US-Administration unter Präsident Trump hat die international ausgerichtete deutsche Wirtschaft kalt erwischt", beklagte Bingmann in Berlin bei der Herbstpressekonferenz zur Entwicklung des Außenhandels.
Auf breiter Front verlören Weltwirtschaft und Welthandel an Kraft. "Hinzu kommt innerhalb Europas insbesondere auch noch die lähmende Wirkung des sich endlos hinziehenden Brexits, der längerfristige unternehmerische Planungen unmöglich macht."
Drohende Strafzölle der Europäischen Union (EU) im Zusammenhang mit den Boeing-Subventionen der USA folgten zwar politischer Logik, machten aber in erster Linie das Leben gegenseitig unnötig schwer, warnte er. Zu befürchten sei auch, dass der handelspolitische Konflikt weiter eskaliere, womit weitere Lieferketten unter Druck gerieten.
Unter diesem wachsenden Druck sei der deutsche Außenhandel dringend auf neue Impulse angewiesen. Ein wichtiges Signal wäre die Ratifizierung des Ceta-Freihandelsabkommens der EU mit Kanada, das schon seit zwei Jahren vorläufig angewandt werde und "bereits ein großer Erfolg" sei. Auch das Assoziierungsabkommen der EU mit dem Mercosur-Staatenbund habe einen hohen Stellenwert für den deutschen Außenhandel.
"Die wenigen Chancen, die sich uns derzeit bieten, dürfen nicht leichtfertig verspielt werden", warnte Bingmann. Das ziele insbesondere auf "überzogene Kritik", mit der zurzeit versucht werde, das Mercosur-Abkommen zu diskreditieren. Ein behaupteter Zusammenhang zwischen einem Handelsabkommen, das frühestens in einigen Jahren angewandt werden könne, und den aktuellen Bränden im Amazonasgebiet entbehre jeglicher Substanz.
"Klimaschutz und freier Handel dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden", forderte Bingmann. Es wäre hochgradig kontraproduktiv, wenn aus Umweltschutzerwägungen der weltweit vernetzte Handel Schaden nehme würde.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/smh
(END) Dow Jones Newswires
October 08, 2019 04:30 ET (08:30 GMT)
Copyright (c) 2019 Dow Jones & Company, Inc.