Von Andreas Kißler
WASHINGTON (Dow Jones)--Die jüngsten positiven Entwicklungen beim Brexit und dem US-chinesischen Handelsstreit können nach Überzeugung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und Bundesbank-Präsident Jens Weidmann zu einem Schub für die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland führen. "Wir können alle zuversichtlich auf unmittelbar zusätzliche Wachstumsimpulse mit einer Lösung internationaler Konflikte hoffen", sagte Scholz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Weidmann am Rande der Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington.
Bei Beratungen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) im Zuge der Tagung in der US-Hauptstadt sei es "großer Konsens" gewesen, dass die Unsicherheit "wesentliche Ursache" der rückläufigen Wachstumsraten sei. "Deshalb ist hier noch einmal ganz intensiv der Wunsch geäußert worden, dass es endlich zu einer Verständigung zwischen den USA und China kommen wird." Dies werde einen "unmittelbaren Push für die Wachstumsraten überall auslösen". Deutschland würde es "sofort spüren können", wenn die Unsicherheit bei den Bestellern deutscher Waren aufhöre.
Auch ein Abkommen zum Brexit werde das Wachstum stützen. Scholz sagte, es sei eine "gute, pragmatische Lösung" erreicht worden. "Da ist eine Verständigung gefunden worden, die dauerhaft wirken kann", erklärte der Finanzminister. "Es ist immer richtig, bis zum letzten Moment darauf zu setzen, dass man etwas hinkriegt, dann kriegt man etwas hin." Er wünsche sich eine Zustimmung des britischen Unterhauses, "damit wir wissen, wie die Dinge weiter gehen". Dies werde "unmittelbar gut sein für das Wachstum", für das in Deutschland ohnehin eine Verbesserung zum Jahresende und zum nächsten Jahr erwartet werde.
Weidmann erklärte, angesichts der ausgeprägten Unsicherheit sei die Frage, ob die schlechte Stimmung der Industrie in Deutschland irgendwann auf die Binnennachfrage überschwappe oder sich die Situation durch eine Abnahme der Risiken auflöse. Trotz der jüngsten Entspannungssignale bleibe eine mögliche Verschärfung der Konflikte ein Risiko. "Man kann das aber auch umkehren", betonte der Notenbankchef. Stimme das Unterhaus dem Brexit-Abkommen zu und entspanne sich der US-chinesische Handelskonflikt, dann könnte sich "die Konjunktur besser entwickeln als in den Prognosen angelegt", sagte er. "Das wäre sicherlich das beste Konjunkturprogramm, das man sich vorstellen kann." Die Diskussion der G20 habe sich in der Hinsicht "auf eine Betonung der möglichen Chancen gedreht".
Scholz unterstrich zudem, bei den G20 sei erneut die von Facebook geplante Digitalwährung Libra kritisch debattiert worden. "Die Kritik daran reißt nicht ab", sagte der Finanzminister. Er selber sei "hoch skeptisch". Man könne "davon ausgehen, dass das auf keine Gegenliebe bei der Staatengemeinschaft, die sich hier versammelt hat, trifft". Er sei dafür, "dass es nicht gelingt, eine solche Währung zu etablieren", denn dies sei Aufgabe von Staaten.
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October 18, 2019 08:17 ET (12:17 GMT)
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