BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sich zuversichtlich für eine internationale Einigung auf eine globale Mindestbesteuerung zu Beginn 2020 gezeigt. "Wir diskutieren derzeit die letzten Schritte für einen Konsens", sagte Scholz beim Deutschen Steuerberatertag in Berlin. Dafür spreche, dass man die USA in dieser Frage auf seiner Seite wisse. "Deshalb werden wir in diesem Zusammenhang wahrscheinlich im Januar nächsten Jahres eine internationale Regelung finden", erklärte der Finanzminister.
Auch mit Blick auf eine umfassendere Besteuerung von Digitalunternehmen sehe es nach einer Lösung aus. Ziel sei, "dass der politische Pfad einer Verständigung zum Januar sichtbar wird", erklärte Scholz. Die Ausgestaltung solle dann im weiteren Jahresverlauf erfolgen. Entsprechend sei dies auch bei der jüngsten Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds erörtert worden, sagte Scholz. Der SPD-Politiker mahnte aber auch zu einem "sehr vorsichtigen" Vorgehen. Würden Besteuerungsrechte neu verteilt, habe das Folgen für ein Exportland wie Deutschland.
Er wolle verhindern, dass sich ein internationaler Wettbewerb für Steuersatzsenkungen etabliert, betonte Scholz. Er machte sich zudem dafür stark, auch nationale Steuergestaltungen stärker zu begrenzen. Scholz verteidigte in diesem Zusammenhang seinen Vorstoß für eine Anzeigepflicht für Steuergestaltungen, räumte aber ein, hierfür fehle die Zustimmung der Union. "Eine Mitteilungspflicht allein für grenzüberschreitende Modelle reicht mir aber nicht", sagte Scholz. Auch Großbritannien habe bereits seit langem eine nationale Regelung.
Die von der Regierung geplanten Maßnahmen zur Begrenzung von "Share Deals" im Immobilienbereich bezeichnete Scholz nur als einen ersten Schritt, um die damit verbundene Umgehung der Grunderwerbsteuer einzudämmen. "Wenn wir feststellen, dass das nicht ausreicht, werden wir als demokratischer Gesetzgeber weitere Schritte folgen lassen und auch folgen lassen müssen."
Grundsteuer soll einfacher werden
Ausdrücklich verteidigte der Finanzminister die Regelungen zum Klimaschutz, der Grundsteuer und dem nur teilweisen Abbau des Solidaritätszuschlages. "Es wird alles viel einfacher als alle denken", sagte Scholz zu der umstrittenen Grundsteuerreform.
Steuerfachleute kritisierten hingegen die Gesetzgebung der Regierung in dem Bereich. Die Steueränderungen des laufenden Jahres erfüllten oft nicht die Anforderungen, kritisierte der Präsident des Bundesfinanzhofes, Rudolf Mellinghoff. "Wenn immer wieder Entscheidungen des Bundesfinanzhofes durch den Gesetzgeber korrigiert werden, trägt dies nicht zur Vereinfachung des Steuerrechts bei", warnte er. Mellinghoff forderte unter anderem, mit der geplanten Anzeigepflicht von Steuergestaltungen bis zu einer europäischen Regelung zu warten, und kritisierte geplante Regelungen zur Pendlerpauschale bei der Umsetzung des Klimaschutzpaketes im Steuerrecht.
Der Präsident des Deutschen Steuerberaterverbandes, Harald Elster, schloss sich der Forderung zur Anzeigepflicht an und sagte, man müsse nach einer europäischen Regelung prüfen, ob noch Bedarf für nationale Bestimmungen bestehe. Elster kritisierte auch möglicherweise verfassungswidrige Regeln der von Scholz auf den Weg gebrachten und vom Bundestag beschlossenen Grundsteuerreform. Von der neuen EU-Kommission unter Ursula von der Leyen forderte er, diese müsse "den Holzweg der blinden Deregulierung verlassen" und berufsregelnde nationale Bestimmungen zulassen.
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, mahnte eine Steuersenkung an. "Wir müssen in diesem Land endlich wieder über strukturelle Steueränderungen und Steuersenkungen sprechen", verlangte er. Der Solidaritätszuschlag müsse ganz abgeschafft werden. Zugleich wandte sich Holznagel aber gegen eine Aufnahme neuer Schulden. "Wir brauchen ein Festhalten an der schwarzen Null. Wir brauchen Investitionen, aber doch bitte nicht mit neuen Schulden." Gegen die Reform der Grundsteuer kündigte Holznagel erneut eine Klage vor dem Verfassungsgericht an.
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October 21, 2019 05:29 ET (09:29 GMT)
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