BERLIN (Dow Jones)--Der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Bernd Fitzenberger, sieht Handlungsbedarf bei der Zuwanderung. "Wir bräuchten netto ein jährliches Plus von 400.000 Personen, um die derzeitige Anzahl an Erwerbstätigen langfristig zu halten. Andernfalls kann es sein, dass Produktion nicht mehr in Deutschland stattfindet", sagte er im Gespräch mit der Zeitung "Welt am Sonntag" (WamS). "Aber es ist nicht einfach zu erreichen, dass auf Dauer jährlich 400.000 Zuwanderer zu uns kommen." Ein Grund sei, dass Abschlüsse oft nicht vergleichbar seien.
Die Integration der seit 2015 gekommenen Flüchtlinge sieht er auf gutem Weg. Neueste IAB-Zahlen aus dem Juli zeigten, dass die Beschäftigungsquote dieser Gruppe bei 38 Prozent liege. Davon seien 82 Prozent sozialversicherungspflichtig beschäftigt. "Das ist schon ganz erfolgreich", sagte Fitzenberger. In vielen Fällen handle es sich um Helfertätigkeiten. "Aber viele nutzen die Qualifikationen aus dem Heimatland. 48 Prozent der beschäftigten Geflüchteten üben eine Fachkrafttätigkeit aus, fünf Prozent arbeiten sogar als Spezialisten und Experten."
Angesichts der schwierigen konjunkturellen Lage rechnet Fitzenberger damit, dass die Zahl der Kurzarbeiter in den nächsten Monaten nicht so niedrig bleiben wird, wie sie derzeit ist. Doch so unangenehm das für betroffene Betriebe und Beschäftigte sei: "Alles in allem gibt es keinen Anlass zur Dramatik", sagte er. Im August waren laut IAB-Angaben 54.000 Menschen in Kurzarbeit.
Eine Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro, die SPD und Deutscher Gewerkschaftsbund befürworten, sieht er kritisch. Zwar hätten sich nach Einführung des Mindestlohns 2015 die Befürchtungen, dass es Beschäftigungsprobleme geben würde, nicht bewahrheitet. "Ein Sprung auf zwölf Euro wäre aber kritisch und könnte die Arbeitslosigkeit steigern", sagte Fitzenberger.
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November 03, 2019 07:47 ET (12:47 GMT)
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