Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die neue Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat auf den politischen Charakter des Euro-Projektes und den Beitrag von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble zu dessen Gelingen hingewiesen. Laut dem veröffentlichten Redetext sagte Lagarde bei einer Laudatio auf Schäuble in Berlin: "Du hast sofort erkannt, dass die Wiedervereinigung in Deutschland Begeisterung hervorrufen, im Ausland aber Ängste schüren könnte. Du wusstest, dass Deutschland das tiefe Bewusstsein seiner historischen Verantwortung gegenüber Europa am besten unter Beweis stellen konnte, indem es eine gemeinsame Währung mit seinen Nachbarn teilte." Gleichzeitig würde eine gemeinsame Währung den Binnenmarkt vor dem Risiko eines Abwertungswettlaufs schützen.
"Du hast uns daran erinnert, dass der Euro stets mehr war als nur eine Währung, und auf Dein unerschütterliches Eintreten für Europa war in jenen unruhigen Zeiten stets Verlass", so Lagarde weiter.
Die gerade ins Amt gekommene frühere Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) erinnerte an Schäubles Aussage, wenn eine Lösung für Europa gut sei, sei sie gut für Deutschland, wenn aber etwas für Europa schlecht sei, könne es nicht gut für Deutschland sein.
"Sicherlich gibt es unterschiedliche Meinungen darüber, was eine 'gute Lösung' für Europa ist, beispielsweise im Hinblick auf die richtige Balance zwischen Risikoteilung und Risikominderung zwischen den Ländern der Währungsunion", räumte Lagarde ein.
In einem Zeitungsinterview hatte die Französin vor ihrem Amtsantritt die bisherige Geldpolitik der EZB verteidigt und gesagt, dass der Abbau der Arbeitslosigkeit schwerer wiege als der Schutz von Ersparnissen. Vor allem in Deutschland wird die EZB-Geldpolitik kritisch gesehen, weil Bankguthaben keine Zinsen mehr abwerfen.
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November 04, 2019 15:03 ET (20:03 GMT)
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