Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Union will kurz vor der Halbzeitrevision der Koalition mit einem Konzept für eine Reform der Unternehmensbesteuerung deutlich andere Wege gehen als ihr Koalitionspartner SPD. Die Pläne, die unter anderem eine geringere Körperschaftsteuerlast vorsehen, sollen in der Fraktionssitzung beschlossen werden, kündigte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) an. Er bestritt aber einen Zusammenhang mit den Debatten um eine Grundrente.
Man habe ein fraktionsinternes Papier erarbeitet, "weil wir es richtig finden, dass wir zu speziellen Punkten auch noch mal konkret sagen, was wir wollen, auch wenn das mit dem Koalitionspartner nicht umsetzbar ist", sagte Grosse-Brömer zu Journalisten in Berlin. Deshalb habe man auch zu dem Thema Unternehmensteuerreform ein Eckpunktepapier erarbeitet. "Das werden wir heute in der Fraktion verabschieden." Eine Koppelung an die Grundrente sei hingegen "nicht Aufgabe dieses Papiers", das nicht aufgrund von Kopplungsgeschäften auf der Tagesordnung sei.
Ziel der Union ist es laut dem von den Finanzpolitikern Fritz Güntzler (CDU) und Sebastian Brehm (CSU) erarbeiteten Konzept, "die Steuerbelastung sowohl für Kapitalgesellschaften als auch für Personengesellschaften für nicht ausgeschüttete Gewinne bei maximal 25 Prozent zu deckeln". Erreicht werden soll das besonders durch eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 10 Prozent von derzeit 15 Prozent. Die von Fraktionschef Ralph Brinkhaus angestoßenen Pläne sehen auch eine Abschaffung des Soli und viele weitere Punkte vor.
Zu den weiteren Punkten des Konzepts zählen eine höhere Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer, eine rechtsformneutrale Besteuerung als Option für Personengesellschaften, eine Verbesserung der sogenannten Thesaurierungsbegünstigung sowie eine Modernisierung des Außensteuerrechts. Gefordert werden auch eine Neuregelung der Verlustabzugsbeschränkungen bei der Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und geringere Zinsen auf Steuernachforderungen.
Deutschland unter Wettbewerbsdruck
Unterdessen machte sich auch die deutsche Wirtschaft selbst für neue Regeln zur Unternehmensbesteuerung stark. "Durch Steuerreformen in den USA und in vielen europäischen Ländern steht Deutschland in Bezug auf die steuerlichen Rahmenbedingungen unter erheblichem Wettbewerbsdruck", hieß es in einem Appell der deutschen gewerblichen Wirtschaft, den acht große Verbände veröffentlichten.
"Die Bundesregierung muss handeln und bei den Unternehmensteuern endlich nachbessern, um die deutsche Wirtschaft nachhaltig zu stärken und um damit Beschäftigung und Steuereinnahmen auch in der Zukunft zu sichern", forderten sie. "Spielräume für Steuerentlastungen sind vorhanden." Ziel müsse "ein international wettbewerbsfähiges Steuerbelastungsniveau aller in Deutschland tätigen Unternehmen" von maximal 25 Prozent auf Ebene der Gesellschaft sein.
Unter anderem forderte die Wirtschaft, den Solidaritätszuschlag für alle Steuerpflichtigen verfassungskonform abzuschaffen, einbehaltene Gewinne von Personengesellschaften "praxisgerecht" zu besteuern und die Option zu einer Besteuerung als Kapitalgesellschaft einzuführen. Steuerliche Hürden für Kapitalgesellschaften im Körperschafts- und Umwandlungssteuerrecht müssten abgebaut und Umstrukturierungen erleichtert werden. Auch solle die Anrechnung der Gewerbesteuer bei der Einkommensteuer verbessert und eine Teilanrechnung bei der Körperschaftsteuer eingeführt werden.
Die Wirtschaft forderte zudem, eine Benachteiligung von Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland durch eine Reform des Außensteuergesetzes zu beseitigen und die Verzinsung von Steuernachzahlungen an das Niedrigzinsumfeld anzupassen. Auch gelte es, die Abschreibungsbedingungen insbesondere für digitale Investitionsgüter zu verbessern und Möglichkeiten der Digitalisierung in den Besteuerungsverfahren stärker zu nutzen.
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November 05, 2019 05:37 ET (10:37 GMT)
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