Als Fußgänger die Straße queeren, bremst der
Elektro-Golf ab, ebenso bei eng vorbeifahrenden Radfahrern. Zwei
Kurven bei der Hamburger Messe fährt das autonom gesteuerte Auto
ganz behutsam aus. Jens Spehr (39), Entwickler in der VW
Trotz dieses "Problems der Vorausschau" ist der VW-Konzern zuversichtlich für die weitere Entwicklung. "Wir arbeiten an einem marktreifen selbstfahrenden System, das wir bereits ab Mitte der kommenden Dekade kommerzialisieren wollen", sagte der VW-Vizechef für Autonomes Fahren, Alexander Hitzinger, in Hamburg. Die speziell ausgerüsteten und in Hamburg eingesetzten Elektro-Golfs seien bereits in der Lage, das Verkehrsgeschehen für rund zehn Sekunden vorauszuberechnen. Dies geschehe mit Hilfe der Daten, die seit April auf der von der Hansestadt eingerichteten Strecke für automatisiertes und vernetztes Fahren (TAVF) gewonnen wurden. Im Auto bildet ein Display im Armaturenbrett Fußgänger als rote Säule, Fahrzeuge als blaues Rechteck und Gebäude entlang der Strecke als Klötze ab. Der Fahrweg selbst werde mithilfe von Landmarken wie Bäumen und Häusern über selbstentwickelte Karten vorgegeben, erläuterten die Entwickler.
Vollautonomes Fahren im großen Stil - mit mehr als 100 000 Fahrzeugen
- sei "eine Herkulesaufgabe", berichtete Hitzinger. Denn es gebe eine
unendliche Zahl von Verkehrsszenarien, die von Algorithmen abgedeckt werden müssten. So könne ein Auto im Gegensatz zum Menschen nicht interpretieren, was passieren kann, wenn ein Ball auf die Straße gerollt ist. Kommt ein Kind? Daher müssten die Systeme bis zur Serienreife verkehrs-, aber auch datensicher entwickelt sein, um mögliche Cyber-Angriffe abwehren zu können.
Die nötige Software kommt bei VW vom Team der "Group Innovation",
das von Anfang 2020 an die Basis der jüngst gegründeten Volkswagen
Den Unternehmensangaben zufolge sind in Hamburg fünf umgerüstete Elektro-Golfs auf der bisherigen Teilstrecke im Einsatz. Sensoren auf dem Dach, in den Kotflügeln sowie im Front- und Heckbereich der Fahrzeuge überprüfen die Umgebung mit jeweils elf Lasern, sieben Radaren, 14 Kameras sowie mithilfe von Ultraschall. Die Autos kommunizieren mit spezieller Technik ("Road Side Units") an 14 Ampeln. In jedem Kofferraum stecke die Rechenleistung von 15 Laptops, die bis zu fünf Gigabyte Daten pro Minute austauschen, teilte der Hersteller mit. "Vom Werk in Wolfsburg nach Hamburg war es ein großer Sprung. Die Dichte des Verkehrs, die engeren Straßen, das hat eine ganz andere Dynamik als auf dem Werksgelände", berichteten die Entwickler. Unfälle habe es aber bisher nicht gegeben, beteuerte der VW-Leiter des autonomen Fahrens, Helge Neuner.
Das VW-Projekt ist eines von mittlerweile 70 Vorhaben, mit denen
sich Hamburg als Veranstalter auf den ITS-Weltkongress für
intelligente Verkehrssysteme in knapp zwei Jahren vorbereitet. Bis
dahin soll die Teststrecke in der Innenstadt auf rund neun Kilometer
technisch ausgebaut werden. Das sei die bisher komplexeste Strecke
weltweit mit drei mächtigen Verkehrsknoten, merkte Hamburgs
Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) an. Bislang
hätten sich fünf weitere Nutzer der Teststrecke angeschlossen,
darunter der Reifenhersteller Continental
ISIN US3453708600 DE0005439004 DE0007664039
AXC0309 2019-11-06/16:24