
Knieerhalt statt Gelenkersatz - mit ihrer Knorpelersatztherapie zählt CO.DON zu den Vorreitern in der Regenerativen Medizin. Die Firma besitzt die größte Produktionsanlage für autologe Knorpelzellen und reichlich Kapazitäten zur Auftragsfertigung für weitere Zelltherapien.
In der Bio City im Süden von Leipzig schlägt das Herz der sächsischen Life-Science-Branche. Seit Oktober ist der Standort um eine Innovation reicher. Die auf Knorpelzelltherapien spezialisierte und seit 2001 börsennotierte CO.DON AG hat eine Produktionsanlage eröffnet, in der körpereigene Zellen für orthopädische Therapien kultiviert und vermehrt werden. 144 Inkubatoren und drei Prozesslabore für die Aufbereitung von Blut stehen dafür zur Verfügung. Nach Firmenangaben handelt es sich um die europaweit größte und modernste Anlage für das Züchten von Knorpelzellen. Eine zentrale Rolle spielt dabei ein dezentrales computergestütztes Verfahren. Von einem Kontrollraum mit Großmonitoren lässt sich die Produktion im Schichtbetrieb rund um die Uhr überwachen.
CO.DON kann gegenwärtig im Zweischichtbetrieb bis zu 4500 und im Dreischichtbetrieb bis zu 7000 Transplantate pro Jahr herstellen. Das ist mehr als das Doppelte wie am bisherigen CO.DON-Standort Teltow. Dort sollen laut Vorstandschef Ralf Jakobs in Zukunft nur noch bis zu 35 auf klinische Studien spezialisierte Fachkräfte verbleiben. Die anderen 110 Mitarbeiter werden bis Ende 2020 am neuen Standort Leipzig in der Produktion und Auftragsfertigung arbeiten. Im Gegenzug wird CO.DON den bisherigen Standort Berlin aufgeben. Zehn Millionen Euro hat CO.DON in den neuen Standort investiert - und Firmenchef Jakobs sieht das Unternehmen an einem Wendepunkt angelangt: "Der neue Standort verschafft uns neue Möglichkeiten für die Fertigung für Fremdfirmen. Es geht jetzt darum, das Unternehmen in die Zukunft zu führen."
Die Zukunft - das bedeutet für CO.DON höhere Einnahmen und mittelfristig endlich schwarze Zahlen. Unbestritten ist die wissenschaftliche und technische Expertise der Gesellschaft. Allerdings blieb der kommerzielle Durchbruch bislang aus. Vom neuen Geschäftsmodell, in dem die lukrative Auftragsfertigung einen wachsenden Teil der Einnahmen stellen soll, erhofft sich das Unternehmen auch wieder mehr Anziehungskraft bei den Investoren. Um die nächsten Investitionen zu stemmen, will CO.DON über die aktuell laufende Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht der Aktionäre bis zu 10,2 Millionen neue Aktien zu einem Bezugspreis von 2,30 Euro ausgeben.
CO.DON ist Pionier, was die Gelenkreparatur mit körpereigenen Knorpelzellen angeht. Im Jahr 1997 behandelte die 1993 gegründete Firma den ersten Patienten mit Knorpelersatztherapien. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Autologe Chrondrozytentransplantation, kurz: ACT, gerade den internationalen klinischen Durchbruch geschafft. Seit 2007 übernehmen die deutschen Krankenkassen die von CO.DON angebotene Knorpelzelltherapie bei einzelnen Indikationen wie der Kniearthrose. Um die Kostenerstattung zu erleichtern, begann CO.DON 2010 mit den klinischen Studien. Im Juli 2017 erhielt die Gesellschaft die europaweite Zulassung für ihr Verfahren mit dem Produktnamen Spherox. Erhältlich ist Spherox aktuell in Deutschland, den Niederlanden, England, Österreich und der Schweiz. Als einziges zugelassenes ACT-Produkt sichert Spherox für CO.DON die Alleinstellung auf dem europäischen Markt für Knorpelzelltherapien.
Die von CO.DON angebotene Methode in Deutschland wurde bislang bei über 14 000 Patienten in etwa 200 Kliniken angewandt. Der große medizinische Nutzen besteht darin, dass es hilft das Kniegelenk zu erhalten ohne dass den Patienten ein künstlicher Ersatz für das Kniegelenk implantiert wird. Keine andere Operation verursacht mehr Klagen aufgrund medizinischer Mängel als der Einsatz künstlicher Gelenke. Fast die Hälfte aller Patienten, denen ein Kunstgelenk implantiert wurde, haben danach weiterhin Beschwerden.
Mit der ACT-Therapie wächst aus den eingesetzten Zellen neues gesundes Knorpelgewebe heran und nach etwa einem Jahr ist das Gelenk wieder voll hergestellt. Über die Arthoskopie, also einen minimal-invasiven chirurgischen Eingriff am Kniegelenk, werden den Patienten Knorpelzellen entnommen. Diese Chondrozyten werden über einen Zeitraum von sieben Wochen im Labor unter international zertifizierten Reinraumbedingungen kultiviert und vermehrt. Am Ende nehmen diese Spheroide genannten Zellstrukturen die Form von Kügelchen an. In einer zweiten minimal-invasiven Behandlung transplantieren Fachärzte die Spheroiden in die Stelle des Kniegelenks, an dem der Knorpel beschädigt ist. Die neuen Zellen verbinden sich mit dem Knorpelgewebe im Knie und bilden eine neue Knorpelsubstanz. Weil in diesem Verfahren körpereigene Zellen verwendet werden, sind Abstoßungsreaktionen oder andere Komplikationen nahezu ausgeschlossen.
Das CO.DON-Verfahren kann die Arthrose hinauszögern. Bei etlichen Profi-Sportlern wie dem ehemaligen Eishockey-Nationalspieler Christopher Fischer hat es dauerhafte Knorpelschäden behoben. Umgekehrt werden in keinem anderen europäischen Land so viele künstliche Gelenke eingesetzt wie in Deutschland. 192 000 Knieprothesen und damit doppelt so viele Operationen wie etwa in Frankreich waren es laut Statistischem Bundesamt 2017. Ein Grund sind Vorschriften der Krankenkassen, die beispielsweise vorsehen, dass Kliniken aus Gründen der Qualitätssicherung mindestens 50 solcher Operationen pro Jahr durchführen müssen, um diese auch abrechnen zu können.
Aus diesem Grund ist es für CO.DON von zentraler Bedeutung, über die hochmoderne Produktionsanlage neue Einnahmequellen zu erschließen. Weil das Unternehmen in diesem Jahr auf der Umsatzseite unter den Erwartungen blieb, war der Aktienkurs nach einem Zwischenhoch im Vorjahr abgesackt. Umso größter ist das Aufholpotenzial, wenn die Auftragsproduktion am neuen Standort im Verbund mit einer steigenden Zahl von therapierten Patienten ihre Ertragskraft entfaltet.
Enthaltene Werte: DE000A1K0227