Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht noch schwierige Gespräche vor der Koalition liegen beim Thema Grundrente und hält eine Vertagung der Entscheidung am Sonntag für möglich. Das sagte die CDU-Politikerin auf einer Pressekonferenz in Berlin. Am Sonntag sollen sich die Spitzenpolitiker von Union und SPD im Koalitionsausschuss treffen, um die stritte Frage zu einer Bedürftigkeitsprüfung bei der neu einzuführenden Grundrente zu lösen.
"Ich kann nicht das Ergebnis vorwegnehmen. Also es kann sein, es kann aber auch sein, dass wir noch ein weiteres Treffen brauchen", sagte Merkel mit dem Verweis, dass es ein zeitlich begrenztes Treffen sein werde. "Der gute Wille ist da, wir sind auch auf einem ganz guten Weg, wie ich finde. Aber es sind noch schwierige Gespräche. Wenn es noch ein weiteres Treffen geben würde, wäre das kein großes Unglück. Aber irgendwann möchte ich auch fertig werden."
Merkel sprach auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der designierten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Knackpunkt in den Verhandlungen ist die Bedürftigkeitsprüfung bei Rentnern. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass Rentner, die 35 Jahre Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt haben, eine Rente über Grundsicherungsniveau empfangen sollen. Das ist bei vielen Geringverdienern nicht der Fall.
Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart, will die SPD aber auf eine Bedürftigkeitsprüfung verzichten, weil diese unverhältnismäßig sei und nahe Familienmitglieder unter Umständen ihre Vermögensverhältnisse offen legen müssten. Vom SPD-Konzept würden fast drei Millionen Rentner profitieren und auch solche, deren Ehepartner hohe Einkünfte oder der selbst hohe Einkünfte hat.
Die Union hingegen besteht auf die Bedürftigkeitsprüfung und fürchtet, dass die Grundrente anderenfalls Milliarden kosten und auch an durch Vermögen gut abgesicherten Rentnern gezahlt werden würde. Nur selbstgenutztes Wohneigentum soll ausgenommen werden.
Im Kompromiss der Arbeitsgruppe von vergangener Woche hatte es sich abgezeichnet, dass man lediglich eine auf das jährliche Einkommen beschränkte Bedürftigkeitsprüfung anwenden und Vermögen außen vor lassen wollte. Die Grundrente soll ab 2021 eingeführt werden. Bislang ist die Finanzierung der staatlichen Zusatzleistung noch zu klären. Die SPD will sie aus Steuermitteln zahlen, wie beispielsweise aus Einnahmen einer Finanztransaktionssteuer.
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November 08, 2019 07:59 ET (12:59 GMT)
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