Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Bedeutung der Nato als "mächtigstes Verteidigungsbündnis der Welt" hervorgehoben und gleichzeitig Europa zum einem stärkeren Auftreten in der Sicherheitspolitik aufgefordert.
"Die Nato war und ist immer das, was ihre Mitgliedstaaten aus ihr machen", sagte von der Leyen am Freitagabend in der 10. Europa-Rede der Konrad Adenauer Stiftung zur Zukunft Europas. Es liege an den 29 Mitgliedstaaten, sich einzubringen und etwas zu ändern.
"Die Nato hat sich bei all den Holprigkeiten bis in die letzten Wochen hinein hervorragend als Schutzschirm der Freiheit bewährt. Die langen Linien zählen", so von der Leyen.
Zuvor hatte der französische Präsident Emmanuel Macron die Nato einen "Hirntod" attestiert. Der britischen Zeitschrift The Economist hatte er in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview gesagt, es gebe "keinerlei Koordination bei strategischen Entscheidungen zwischen den USA und ihren Nato-Verbündeten".
Für von der Leyen muss Europa sich stärker auf seine eigenen Führungsqualitäten besinnen. Europa müsse die "Sprache der Macht lernen" und in der Sicherheitspolitik "eigene Muskeln aufbauen". Auch müsse man die vorhandene Kraft dort gezielt einsetzen, wo es um europäische Interessen geht.
In ihrer Rede betonte von der Leyen, dass Europa bei allen Herausforderungen durch den Brexit, durch Handelstreitigkeiten mit den USA, Digitalisierung und Migration eine Chance habe, wenn es zusammen stehe.
Gemeinsam seien die EU-Staaten die "größte Handelsmacht der Welt", die wirkungsvoll über Zölle und Handelsabkommen verhandeln könne.
Auch der ungewollte Austritt Großbritanniens aus der EU habe nicht nur negative Seiten.
"Der Schock des Brexit hat uns stärker geeint", so von der Leyen. Es sei ein Beispiel dafür, wie Europa aus der Krise Kraft gewinne. "Es gibt keine Herausforderung für Europa, die nicht mit den Stärken Europas bewältigt werden kann."
In der Migrationsfrage sehe sie "ein Fenster für einen Neustart" in der festgefahren Situation um die gerechte Verteilung von Migranten, so von der Leyen.
Als große Herausforderung für Europa sieht die zukünftige Kommissionspräsidentin die Klimapolitik. Sie wolle, dass Europa klimaneutral werde und dazu werde sie das erste europäische Klimaschutzgesetz vorlegen, das dieses politische Ziel in verbindliches Recht übersetzt. Dazu seien massive Investitionen nötig. Sie werde ein Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa vorschlagen, um in den kommenden 10 Jahren 1 Billion Euro für den Klimaschutz zu mobilisieren.
"Wir haben nur diese eine Erde und wir haben lange genug Raubbau betrieben", so von der Leyen. "Wir müssen jetzt handeln."
Hier bestehe auch eine Chance, denn wenn Europa erfolgreich sei, dann wäre es nicht nur gut für den Planeten, sondern andere Länder würden folgen. "Wenn wir es gut machen, dann ist Europa Vorreiter für klimafreundliche Finanzierungsmodelle, dann ist Europa Exporteur für grüne Innovationen, dann kann Europa Vorbild sein für einen sozialen Übergang in ein ressourcensparsames Leben und Arbeiten und Produzieren", so von der Leyen. So könnte Europa zum Trendsetter werden.
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November 08, 2019 14:25 ET (19:25 GMT)
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