BERLIN (Dow Jones)--Die Wahrscheinlichkeit für eine Rezession der deutschen Wirtschaft hat sich spürbar verringert. Die Chancen seien gestiegen, dass die deutsche Wirtschaft die aktuelle Flaute "ohne eine tatsächliche Rezession übersteht", erklärte das Wirtschaftsforschungsinstitut IMK. Der Konjunkturindikator des Instituts, der die aktuellsten verfügbaren Daten über die Wirtschaftslage bündelt, weist für den Zeitraum von November bis Ende Januar ein deutlich geringeres Rezessionsrisiko von 34,9 Prozent nach 56,5 Prozent im Oktober aus. Grund ist die Belebung bei den Auftragseingängen, das kräftigere Exportwachstum und Entspannungssignale im Handelskonflikt zwischen den USA und China. Auch die weiterhin günstigen Finanzierungsbedingungen für Unternehmen hätten positiv gewirkt.
Dennoch warnte das Institut davor, die Aufhellung schon als Trendwende zum Besseren zu interpretieren. Die weltwirtschaftliche Lage bleibe trotz einiger positiver Signale aus der US-Regierung fragil. Sollten die aktuell vorherrschenden positiveren Erwartungen enttäuscht werden, etwa durch eine Zuspitzung im Handelskonflikt der USA mit der EU, "droht ein konjunktureller Rückprall", sagte Thomas Theobald, Konjunkturexperte beim zur Hans-Böckler-Stiftung gehörenden Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK).
Für das nächste Jahr erwartet das IMK ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum "nur knapp oberhalb der Stagnationsschwelle", wenn man die höhere Zahl an Arbeitstagen berücksichtigt. Der starke Rückgang der Rezessionswahrscheinlichkeit sorgt aber dafür, dass das nach dem Ampelsystem arbeitende IMK-Frühwarnsystem von "rot", was in den vergangenen Monaten eine akute Rezessionsgefahr anzeigte, auf "gelbrot" zurückschaltet, was nach IMK-Definition eine erhöhte konjunkturelle Unsicherheit bedeutet.
Insgesamt sei der aktuelle Trend positiv. "Die aktuellen Daten zeigen die Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft dank der kräftigen Inlandsnachfrage", so Sebastian Dullien, der Wissenschaftliche Direktor des IMK. "Ohne den kräftigen Konsum, den boomenden Wohnungsbau und die steigenden Staatsausgaben wäre Deutschland angesichts der Industrieschwäche längst in einer tiefen Rezession mit spürbaren Jobverlusten." Zuvor war auch bekannt geworden, dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal entgegen der Erwartung nicht geschrumpft, sondern gegenüber dem Vorquartal preis- und saisonbereinigt um 0,1 Prozent gewachsen ist.
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November 14, 2019 03:50 ET (08:50 GMT)
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