Von Petra Sorge
BERLIN (Dow Jones)--Die Grünen im Bundestag wollen die Schuldenbremse im Grundgesetz aufweichen und die Investitionen in den Klimaschutz massiv erhöhen. In den nächsten vier Jahren seien 100 Milliarden Euro zusätzlich notwendig, heißt es in einem Gesetzesentwurf, über den zuerst die Süddeutsche Zeitung berichtete und welcher der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires vorliegt. Denn die bisher von der Bundesregierung geplanten Investitionen würden bei weitem nicht ausreichen, "um der drohenden Klimakrise etwas entgegenzusetzen". Mit dem Klimapaket drohe Deutschland seine Ziele für 2030 zu verfehlen und riskiere einen offenen Bruch des Pariser Klimaabkommens. Ein klimaneutrales Deutschland sei dann möglich, wenn "das Dogma der schwarzen Null" aufgegeben werde.
Die Bundesregierung hatte bis 2023 Investitionen bis zu 54 Milliarden Euro versprochen. Aus Sicht der Grünen stammt der Betrag jedoch überwiegend aus alten Rücklagen, sei also "kein frisches Geld" und daher eine "Mogelpackung". Deswegen beziffert der Entwurf die tatsächlichen Klima-Investitionen der großen Koalition nur auf rund 25 Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren.
Die Grünen wollen die Schuldenbremse daher mit einer verbindlichen Investitionsregel weiterentwickeln. Für Nettoinvestitionen soll eine Neuverschuldung bis zu 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts möglich sein, solange der Schuldenstand unter der Maastricht-Marke von 60 Prozent liegt. Bislang erlaubt das Grundgesetz eine staatliche Neuverschuldung von maximal 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Diese Gelder sind in einen Bundesinvestitionsfonds zu überführen, der als Sondervermögen im Bundeshaushalt nicht der Jährlichkeit des Haushalts unterliegt", heißt es in dem Antrag.
Von den geforderten 100 Milliarden sollen in den kommenden vier Jahren allein 28 Milliarden Euro in den Ausbau des Schienennetzes der Deutschen Bahn fließen. 4,2 Milliarden sind für den öffentlichen Personennahverkehr, weitere 4 Milliarden für Radwege eingeplant. Die Gebäudesanierung soll mit rund 7 Milliarden Euro verstärkt werden. Weitere rund 7 Milliarden wollen die Grünen für die Transformation der Wirtschaft und Abschreibungen für CO2-freie Investitionen einstellen.
Parallel dazu fordern sie, klima- und umweltschädliche Subventionen "konsequent und schnell abzubauen". Die wichtigsten Fördersummen des Bundes beliefen sich nach Berechnungen des Umweltbundesamtes 2012 auf über 57 Milliarden Euro. "Wir bereiten dieses Konzept für eine neue Bundesregierung vor", sagte der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler der Süddeutschen Zeitung, "also auch für ein Regierungsprogramm."
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November 22, 2019 07:35 ET (12:35 GMT)
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