Von Petra Sorge
BERLIN (Dow Jones)--Der Chef des ukrainischen Staatsversorgers Naftogaz, Yuriy Vitrenko, hat Deutschland vor einem Weiterbau der Gaspipeline Nord Stream 2 gewarnt. Russland nutze die Leitung als "geopolitische Waffe", sagte Vitrenko bei einem Fachgespräch in Berlin. "Die Opfer werden die europäischen Konsumenten sein." Die Europäer hätten es in der Hand, nicht von Russland "erpresst" zu werden, so der Naftogaz-Chef. "Deutschland hat hier die Schlüsselrolle inne."
Russland sei bereit, die Ukraine abzukoppeln, warnte Vitrenko. Sollte es so weit kommen, werde dies sein Land in eine Wirtschaftsrezession zwingen, "und der Westen toleriert das". Russlands Präsident Wladimir Putin wolle nicht, "dass die Ukraine Geld aus dem Gastransit verdient", um sie für ihren proeuropäischen Kurs zu bestrafen.
Gazprom und Naftogaz streiten sich teils auch vor internationalen Gerichten. Hintergrund ist der Vertrag über den Transit von russischem Gas durch die Ukraine nach Deutschland und in andere EU-Staaten, der Ende des Jahres ausläuft. Zwar hatte Moskau Naftogaz einen einjährigen Anschlussvertrag angeboten. Doch Naftogaz hatte das zurückgewiesen. Die Vertragsbedingungen seien "missbräuchlich", "inakzeptabel und rechtswidrig", so Vitrenko.
Das ukrainische Energieunternehmen fordert nun rund 3 Milliarden US-Dollar von Gazprom. Hintergrund ist ein Urteil des Schiedsgerichts der Stockholmer Handelskammer von 2017, wonach Gazprom 2,56 Milliarden US-Dollar wegen Verletzung von Transitbestimmungen zahlen muss - Naftogaz verlangt noch Zinsen obendrauf. Russland lehnt die Summe ab.
Im vergangenen Monat hatte Dänemark grünes Licht für den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 gegeben. Die Bundesregierung hat zwar immer betont, ukrainische Gaslieferungen nicht stoppen zu wollen, stößt mit ihrem Projekt aber auch bei anderen osteuropäischen Transitländern wie Polen auf Ablehnung. Die USA drohten Deutschland sogar Sanktionen an. Die Kritiker fürchten eine zunehmende Abhängigkeit von russischem Gas. Das Konsortium von Nord Stream 2 wird vom russischen Gazprom-Konzern angeführt, der die Hälfte der Finanzierung des 9,5-Milliarden-Euro-Projekts aufbringt. Zu den deutschen Beteiligten gehören die Unternehmen Uniper und Wintershall.
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November 26, 2019 11:31 ET (16:31 GMT)
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