Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will die deutsche Schlüsseltechnologien besser vor Übernahmen aus dem außereuropäischen Ausland schützen und dafür die Außenwirtschaftsverordnung ändern. Das geht aus einem Papier des Bundeswirtschaftsministeriums zur Novelle der Außenwirtschaftsverordnung hervor, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte.
Damit sollen in Zukunft umstrittene Käufe wie die des deutschen Roboterbauers Kuka durch den chinesischen Hausgerätehersteller Midea verhindert werden. Bei dem Verkauf hatte Deutschland keine rechtliche Handhabe gegen die Transaktion und konnte trotz umfangreichen Bemühens keinen Kauf durch deutsche Unternehmen erreichen.
In Zukunft soll das Wirtschaftsministerium nicht nur Übernahmen von kritischen Infrastrukturen, wie Stromnetzen oder Medien, prüfen können, sondern auch von kritischen Technologien wie die der künstlichen Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Biotechnologie und Quantentechnologie.
"Deutschland ist ein attraktiver Standort für Investitionen und eine der offensten Volkswirtschaften der Welt. Das soll auch in Zukunft so bleiben", heißt es in dem Papier des Ministeriums. "Aber: Achtsamkeit gehört zu einer funktionierenden Sozialen Marktwirtschaft. Die Bundesregierung muss genauer als heute hinschauen dürfen, zum Beispiel wenn durch ausländische Investitionen nationale Sicherheitsinteressen betroffen sind."
Altmaier will weitere Details zur geplanten Novelle der Außenwirtschaftsverordnung am Freitag bei der Vorstellung seiner finalen nationalen Industriestrategie vorlegen. Ein Katalog kritischer Technologien soll in der Novelle definiert und damit die Prüfmöglichkeiten der Regierung erweitert werden. Bei Anteilserwerben ab einer Schwelle von 10 Prozent sollen in Zukunft eine Meldepflicht und Prüfmöglichkeit bestehen. Auch soll in Zukunft die Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als Bedingungen für eine Prüfung ausreichen. Bislang muss als Bedingung für eine Prüfung die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegeben sein.
Aufgrund der aktuellen Regeln in der Außenwirtschaftsverordnung wurden in diesem Jahr 94 Investitionsprüfungen von Übernahmen inländischer Unternehmen durch ausländische Investoren vorgenommen. Bei 31 Fällen kamen die Investoren aus den USA und in 20 Fällen aus China oder mit indirektem Bezug zu China. Keins der Vorhaben wurde nach der Prüfung untersagt. Bedenken wegen Sicherheitsrisiken konnten in nahezu allen Fällen durch vertragliche Abhilfe schaffen, so eine Sprecherin des Ministeriums.
Im Jahr 2018 wurden 78 Übernahmen inländischer Unternehmen durch ausländische Investoren geprüft, 27 davon kamen aus China und 26 aus den USA.
Mit der geplanten Novelle sollen auch die europäischen Vorgaben der EU-Screening Verordnung umgesetzt werden, mit der ein Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in die Europäische Union geschaffen wird.
Bereits im Februar hatte Altmaier die Eckpunkte seiner "Nationalen Industriestrategie 2030" vorgestellt. Mit ihr will er die deutsche und europäische Industrie stärken und den Zusammenschluss von großen nationalen und europäischen Champions erleichtern. In Deutschland zählte er dazu Siemens, Thyssenkrupp, die Deutsche Bank und Automobilhersteller.
Auch hat er mit Verweis auf den Robotikkonzern Kuka vorgeschlagen, dass der Staat sich in Zukunft vorübergehend an wichtigen Unternehmen beteiligen solle. Ein Fonds solle geschaffen werden, der bei drohender Übernahme eines Unternehmens aus einer Schlüsselindustrie oder einer wichtigen Technologiebereichs eingreife.
Damals hatte er viel Kritik für seine Ideen erhalten, weil sich die Vorschläge schwerpunktmäßig mit der Stärkung von großen Unternehmen zur Schaffung von Großunternehmen befasse und den Mittelstand vernachlässige. Von der Industrie wurde moniert, dass Zusammenschlüsse zu Champions nicht notwendigerweise mehr Wettbewerb schaffe und staatliche Investitionskontrolle kein Mittel der Industriepolitik sein dürfe.
Altmaier befürchtet, dass bei einem Verlust an technologischer Schlüsselkompetenz die deutsche Stellung in der Weltwirtschaft substanziell beschädigt werde und dies dramatische Folgen für die Bundesrepublik habe.
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November 28, 2019 09:07 ET (14:07 GMT)
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