Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--In der deutschen Wirtschaft hat sich ein breiter Konjunkturpessimismus breit gemacht. Fast ein Drittel der Unternehmen erwartet für das kommende Jahr Produktionsrückgänge, und knapp 29 Prozent planen einen Beschäftigungsabbau, so das Ergebnis einer IW-Konjunkturumfrage. Dazu wurden im Herbst 2.300 Unternehmen befragt. Erstmals seit der globalen Finanzmarktkrise im Jahr 2009 sei der Saldo aus positiven und negativen Exporterwartungen mit 13 Prozentpunkten im Minus.
"Die schlechten Erwartungen im Außenhandel wirken sich direkt auf die Produktion aus", so Michael Grömling vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Im Frühjahr 2018 lag der Saldo der Produktionserwartungen noch bei über 40 Prozentpunkten. Im Herbst 2019 sei er auf minus sieben Prozentpunkte abgerutscht. Zuletzt hatte die Staatsschuldenkrise vor sieben Jahren für solch eine schlechte Stimmung gesorgt, erklärte das IW.
Besonders die Hersteller von Vorleistungsgütern, etwa die Chemieindustrie, und die von Investitionsgütern, beispielsweise Maschinenbauer, haben mit der schwachen Weltnachfrage zu kämpfen und erwarten für das kommende Jahr Produktionsrückgänge. Die deutsche Industrie stecke in der Krise, denn die Exporterwartungen in West- und vor allem in Ostdeutschland hätten sich "erheblich" verschlechtert.
Der Pessimismus habe Auswirkungen auf die Investitionsneigungen der Unternehmen und werde zu einem Ende des Beschäftigungsaufbaus führen. Bei den Investitionsabsichten beträgt der Saldo minus vier Prozentpunkte nach plus 35 Prozentpunkten im Frühjahr. Daran sei nicht allein die Weltwirtschaft schuld. "Durch steigende Arbeits- und Energiekosten, Regulierungen und Bürokratie ist der Investitionsstandort Deutschland im internationalen Vergleich zunehmend unattraktiv", kritisierte Grömling. Dies habe negativen Folgen für den Arbeitsmarkt.
Trotz Finanz- und Schuldenkrise seien in Deutschland seit 2005 rund 5,5 Millionen Arbeitsplätze geschaffen worden. Doch für das nächste Jahr wollen knapp 29 Prozent der Unternehmen Stellen abbauen, so das IW. Auch hier rutsche der Saldo erstmals seit sieben Jahren wieder ins Minus.
"Freilich ist aus diesem Saldo nicht ersichtlich, ob die Unternehmen mit negativen Beschäftigungserwartungen in absoluten Zahlen mehr Arbeitsplätze abbauen als die Firmen mit positiven Erwartungen mengenmäßig aufbauen", schrieb das IW in seinem Kurzbericht. "Gleichwohl dürfte das Ende des langjährigen Beschäftigungsaufbaus gekommen sein. Westdeutschland wird von den Beschäftigungsanpassungen stärker betroffen sein als Ostdeutschland."
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December 02, 2019 09:05 ET (14:05 GMT)
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