Von Olaf Ridder
FRANKFURT (Dow Jones)--Das Stahlgeschäft von Thyssenkrupp soll mit Hilfe von Investitionen, aber auch erheblichen Einschnitten deutlich profitabler werden. "Wir wollen über die kommenden Jahre hinweg unser durchschnittliches EBIT um bis zu 600 Millionen Euro verbessern", heißt es in einem Brief an die Mitarbeiter von Thyssenkrupp Steel Europe. Im abgelaufenen Geschäftsjahr war das bereinigte operative Ergebnis des Stahlgeschäfts von 687 auf 31 Millionen Euro zusammengeschnurrt - auch ein Ergebnis der schwachen Autokonjunktur.
Viele Probleme seien aber auch hausgemacht. "Wir sind in einer Abwärtsspirale", wolle sich aber "zurück an die Spitze kämpfen", heißt es in dem Brief, der Dow Jones Newswires vorliegt. Um ohne den Partner Tata Steel am Markt bestehen zu können, "brauchen wir tiefgreifende Maßnahmen", schreibt der für Personal zuständige Konzervorstand Oliver Burkhard.
Die Strategie 20-30 für das Stahlgeschäft des kriselnden Essener Konzerns, die am Dienstag vom Aufsichtsrat diskutiert worden war, sieht deshalb einerseits hohe Investitionen und Partnerschaften vor, andererseits aber auch die Schließung von Anlagen sowie Sparmaßnahmen und den Abbau von 2.000 der insgesamt 27.000 Stellen. Etwa die Hälfte wird laut Mitarbeiterbrief auf die Funktionsbereiche entfallen. Weitere 200 Stellen trifft es in Produktion, Instandhaltung und Logistik.
Die Bereiche Grobblech und Elektrostahl stehen sogar komplett zur Disposition: Neben einer Sanierung sind Verkauf oder Stilllegung die Optionen, über die in den nächsten Monaten entschieden wird. Während das Unternehmen im Elektrostahl "Potenzial" sieht, sofern "wir die Technik für höherwertige Güten besser beherrschen", sei eine eigenständige Fortführung des Bereichs Grobblech "deutlich unrealistischer".
Produktion soll ausgebaut werden
Insgesamt will Steel Europe trotz Überkapazitäten am Markt seine Produktion nicht reduzieren, sondern ausbauen. Ziel ist ein Jahresversand von 11,5 Millionen Tonnen. Im abgelaufenen Jahr war der Versand auf 10,5 Millionen Tonnen zurückgegangen. "Wir starten eine Produkt- und Kundenoffensive bei Auto und werden gleichzeitig unsere attraktiven Segmente in den Industriegeschäften und im Verpackungsstahl verteidigen", heißt es in dem Brief.
Für Konzern-Stahlvorstand Klaus Keysberg bleiben trotz der am Veto der EU-Kommission gescheiterten Stahlfusion mit Tata Steel auch strategische Partnerschaften eine Option. "Wir bleiben bei der Überzeugung, dass eine Konsolidierung der Stahlindustrie in Europa helfen kann, die strukturellen Herausforderungen der Industrie zu lösen", erklärte er in dem Schreiben. Erwogen wird ferner, sich an Metallverarbeitern zu beteiligen.
Die regelmäßigen Investitionen von rund 570 Millionen Euro jährlich werden nach Darstellung von Keysberg nicht ausreichend, um die Strategie 20-30 umzusetzen. Der Spielraum für zusätzliche Mittel sei aber sehr begrenzt. Daher müsse sich das "Zukunftskonzept für den Stahl in die Konzernstrategie einfügen", schrieb er.
Elevator-Mitarbeiter protestieren
Zusätzliche Mittel soll die lukrative Aufzugssparte des Mutterkonzerns liefern, die entweder teilweise oder komplett verkauft oder an die Börse gebracht werden soll. Auch dort machen sich die Beschäftigten Sorgen um ihre Zukunft. Nachdem die Stahlkocher am Dienstag in Duisburg protestiert hatten, versammelten sich am Mittwoch laut IG Metall 2.500 Elevator-Mitarbeiter aus ganz Deutschland vor der Konzernzentrale in Essen und demonstrieren für Standort- und Beschäftigungssicherung.
Thyssenkrupp will diese Fragen mit den Arbeitnehmern in einer Rahmenvereinbarung klären. Die Verhandlungen darüber sind laut Personalvorstand Burkhard bereits weit fortgeschritten. Wie die Rahmenvereinbarung am Ende ausfalle, hänge aber auch "von der konkreten Ausgestaltung der Elevator-Transaktion" ab. Entschieden sein soll dies bis Ende März.
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December 04, 2019 10:36 ET (15:36 GMT)
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