Kurz vor dem mit Spannung erwarteten SPD-Parteitag hat die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Katja Mast zur Geschlossenheit gemahnt. "Jetzt gilt es, die Partei zusammenzuhalten und klarzumachen, wohin der Kurs geht", sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Es geht jetzt um die SPD als Ganzes." Der Parteitag beginnt am Freitag in Berlin. Einen Tag vorher legt die SPD-Führung letzte Hand an ihren Antrag zur Halbzeitbilanz der großen Koalition. Der Parteivorstand (10.30 Uhr) soll den Entwurf am Donnerstag billigen.
Die angehenden Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hatten das Papier nach dem gewonnenen Mitgliederentscheid in den vergangenen Tagen mit dem SPD-Präsidium überarbeitet. Unter anderem wollten die GroKo-Skeptiker festlegen, über welche Themen und Forderungen die SPD mit CDU und CSU erneut sprechen will. Hohe Hürden stellt die Parteiführung in einer vorläufigen Antragsversion, die der dpa vorliegt, allerdings nicht. So wird nicht die sofortige Aufgabe der "Schwarzen Null" verlangt - es heißt lediglich, stetige Investitionen dürften nicht "an dogmatischen Positionen" wie einer schwarzen Null scheitern. Die Aufgabe eines ausgeglichenen Haushalts gilt für die Union als unannehmbar. Die SPD-Führung betont in dem vorläufigen Entwurf: "Weder der Verbleib in einer Koalition noch der Austritt aus ihr sind ein Selbstzweck."
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke sagte der dpa, die SPD müsse für Stabilität und Sicherheit in diesem Land stehen. "Die Äußerungen der letzten Tage nehme ich eher als Beleg dafür, dass die Regierungsbeteiligung der SPD Hebel dafür sein muss, das Leben für Menschen zu verbessern." Die Partei-Linke Hilde Matheis dringt dagegen auf eine klare Entscheidung über die große Koalition und kündigte in der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag) einen entsprechenden Initiativantrag an. "Wir dürfen auf dem Parteitag keine wachsweichen Formulierungen beschließen."
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erwartet von dem Parteitag Klarheit. "Je nachdem, was die SPD beschließt, wissen wir, ob eine Zusammenarbeit weiter sinnvoll ist. Hauptsache, die SPD positioniert sich klar", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag). "Mit einem gequälten "Ich weiß nicht so recht" kann man kein Land regieren." Spahn sagte demnach, er sehe dem SPD-Parteitag gelassen entgegen.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner warnte die Sozialdemokraten vor einer Abkehr von der "schwarzen Null". Dem Nachrichtenmagazin "Focus" sagte er: "Die Union muss und darf sich von der SPD nicht erpressen lassen. Alle Alternativen zu einer Großen Schuldenkoalition wären besser." Lindner kritisierte, die designierte SPD-Führung wolle künftig "Politik auf Pump machen, obwohl der Bund nächstes Jahr jeden Tag eine Milliarde Euro ausgibt. So viel wie nie." Die schwarze Null sei ein politisches Symbol, "ohne das in ganz Europa die Dämme brechen" würden.
BDI-Präsident Dieter Kempf betonte in der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag): "Wir schauen uns die SPD-Vorschläge sehr genau an." Jeder Vorschlag müsse sich daran messen lassen, ob er nur Symptome einer Wachstumsschwäche bekämpft - oder aber Wachstum schafft. Zugleich warnte Kempf vor einer neuen Debatte über Umverteilung. "Gerade angesichts einer schwächeren Konjunktur muss die Regierung ihre Finanzpolitik in Richtung Wachstum umsteuern."/tam/bw/seb/DP/zb
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