Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Ökonom Gustav Horn hat sich deutlich hinter die neue SPD-Spitze aus Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gestellt. Die Wahl der neuen Parteispitze durch die Basis "signalisiert einen Neuanfang", der dringend in der Sozialdemokratie gebraucht werde, sagte Horn am Rande des SPD-Parteitags in Berlin zu Dow Jones Newswires. "Sie steht für einen Bruch." Er habe diese Entwicklung immer gewollt, erklärte der frühere Chef des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK).
Dass mit einem von Esken und Walter-Borjans geforderten Investitionspaket die Schwarze Null im Bundeshaushalt geopfert werden müsste, sah Horn als ökonomisch nachvollziehbar an. "Die Schwarze Null ist ökonomischer Unsinn", sagte der Volkswirt. Dies gelte nach seiner Ansicht auch für die Schuldenbremse. Das Festhalten an der Schwarzen Null, wie es derzeit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) praktiziere, könne "Regierungshandeln sein, aber kein Parteihandeln".
Am Nachmittag wollen die 600 Delegierten des Parteitags Esken und Walter-Borjans offiziell zu neuen Parteivorsitzenden wählen. Eine Entscheidung über die große Koalition soll aber bei dem Parteitag nicht fallen. Laut dem Leitantrag für die Veranstaltung, über den am Freitagabend abgestimmt werden soll, will die SPD allerdings von der Union unter anderem mehr Investitionen, Änderungen beim Klimaschutzpaket und einen höheren Mindestlohn von perspektivisch 12 Euro zur Voraussetzung für einen Fortbestand der Koalition machen.
Die SPD will ein langfristiges Investitionspaket verlangen und verweist dafür auf einen vom IMK errechneten Bedarf von gut 450 Millionen Euro in den kommenden zehn Jahren. Gesehen werden Erfordernisse in den Bereichen Bildung, Verkehr, Kommunikationsnetze und Klimaschutz. Finanziert werden sollen die zusätzlichen Investitionen auch über neue Kredite. Die Sozialdemokraten fordern Investitionen "unabhängig von der aktuellen Einnahmensituation" ein und mahnen, stetige Investitionen dürften "nicht an dogmatischen Positionen wie Schäubles Schwarzer Null scheitern".
Viele Volkswirte lehnen die Schwarze Null seit langem als ökonomisch verfehlt ab und haben eine Aufnahme von Schulden für mehr Investitionen mindestens im Rahmen der grundgesetzlich festgelegten Schuldenbremse gefordert. Diese erlaubt dem Bund in konjunkturellen Normallagen eine neue Verschuldung von 0,35 Prozent seiner Wirtschaftsleistung im Jahr.
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December 06, 2019 06:05 ET (11:05 GMT)
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