Dass es plötzlich so schlimm um Tullow Oil stehen würde, haben nur wenige erwartet. Als Ende Juli der Halbjahresbericht präsentiert wurde, wies die Gesellschaft noch einen Netto-Cashflow von 181 Millionen US-Dollar auf. Das war zwar 54 Prozent weniger als 2018, doch deutete wenig auf die kommende Verlustwelle hin, die jetzt sogar zu Spekulationen einer kommenden Pleite führen.
Derzeit notiert die Tullow-Aktie -70% unter ihrem gestrigen Kurs, der wiederum -40% unter dem Niveau von Mitte September liegt. Dass nach einem Kurssturz von über -80% akute Risiken bis zum Totalverlust bestehen, sollte jedem Anleger logisch erscheinen.
Es war das gleichzeitige Aufeinandertreffen von mehreren unglücklichen Ereignissen, die zum massiven Kurssturz führten. Die wichtigsten Zusammenhänge hat Tullow im Update beschrieben und sah sich zu einer neuen Guidance für das kommende Jahr veranlasst.
Produktionsrate sinkt
Seit einigen Monaten führen Förderprobleme in Ghana, die bisher als mechanische Schwierigkeiten benannt wurden, zur Revision der Tagesproduktionsmenge, sodass die langfristige Prognose von 87.000 auf 70.000 Barrel pro Tag angepasst werden musste.
Schwerölfund "schockierte" Anleger
Eigentlich sollten Ölfunde immer positiv sein. Doch bei Tullow schauten Anleger mit Argusaugen auf die jüngsten Explorationsaktivitäten. Zwei vielversprechende Ölquellen vor der Küste Guyanas, auf die das Management große Hoffnungen setzte, brachten nicht die erhofften Leichtölvorkommen, sondern schwerer verarbeitbares Schweröl, das einen höheren Schwefelgehalt besitzt und darum mit heftigen Abschlägen auf die bekannten Rohölsorten bewertet wird.
Zudem führen mehrjährige Verzögerungen beim Produktionsstart in Uganda und Kenia dazu, dass Tullow das Potenzial seiner milliardenschweren Investitionen nicht ausschöpfen konnte.
Das alles war dem Markt soweit bekannt
Eine geringere Fördermenge sowie die Herausforderungen in Ghana waren schon im August absehbar und die Guyana-Abschläge wurden spätestens im Herbst bekannt und im Kurs ausreichend berücksichtigt, ohne im Vorfeld überhaupt die Entdeckung zweier signifikanter Ölfelder überhaupt zu würdigen, was wiederum eine seltsame Interpretation scheint und zeigt, wie extrem der Bärenmarkt im Ölsektor zurzeit wütet.
Was Anleger gestern aber endgültig verschreckte, war der Umstand, dass der CEO überraschend seinen Hut nahm und der Aufsichtsrat nun vor einem Scherbenhaufen steht, der vor allem aus ~3 Milliarden US-Dollar an langfristigen Verbindlichkeiten besteht. Erst Mitte November hieß es von Seiten des Vorstandes noch:
Trotz des unter den Erwartungen liegenden freien Cashflows konzentriert sich die Gruppe weiterhin auf den Schuldenabbau, und die Nettoverschuldung wird Ende 2019 voraussichtlich bei rund 2,8 Milliarden US-Dollar liegen.
Zu Beginn des Jahres lag dieser Wert bei 3,1 Milliarden ...
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