IfW: Aufschwung frühestens 2021 in Sicht
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat seine Wachstumsprognosen bis 2021 leicht nach oben korrigiert, sieht aber einen "Aufschwung frühestens 2021 in Sicht". Der Abschwung der deutschen Wirtschaft verlangsame sich, mit einer spürbaren Belebung sei aber frühestens 2021 zu rechnen, schrieben die Konjunkturforscher des IfW.
In ihrer jüngsten Prognose rechnen sie mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes von 0,5 Prozent im Jahr 2019, 1,1 Prozent 2020 und 1,5 Prozent im Jahr 2021 und revidieren damit nach eigenen Angaben ihre Erwartungen leicht um jeweils 0,1 Prozentpunkte nach oben. Durch eine hohe Anzahl an Werktagen sei die Zuwachsrate 2020 allerdings um 0,4 Prozentpunkte überzeichnet.
Getrieben werde der Konjunkturabschwung in Deutschland durch die Rezession in der Industrie. Die Normalauslastung werde dort mittlerweile unterschritten, und dies belaste inzwischen auch die unternehmensnahen Dienstleistungen. "Der Abwärtssog wird schwächer, im Auslandsgeschäft ist sogar schon eine leichte Aufwärtstendenz erkennbar", erklärte der Leiter des IfW-Prognosezentrums, Stefan Kooths. Erfahrungsgemäß dauere es aber im Schnitt etwa fünf Quartale, bis die Industrie eine Rezession überwinde und die Kapazitätsauslastung wieder spürbar zulege. Damit sei frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2020 zu rechnen.
Privater Konsum steigt
Die privaten Haushalte profitierten von zahlreichen Einkommenshilfen seitens der Finanzpolitik und einer insgesamt nach wie vor robusten Arbeitsmarktentwicklung, sodass der private Konsum nach der Prognose dieses und nächstes Jahr um 1,5 Prozent und 2021 um 1,7 Prozent steigen dürfte. Dem Arbeitsmarkt komme zugute, dass in den konsumnahen Dienstleistungsbereichen immer noch mehr Beschäftigung aufgebaut wird, als in der Industrie wegfalle. Die Arbeitslosenquote dürfte nach 5,0 Prozent in diesem Jahr bei 4,9 Prozent in den nächsten beiden Jahren verharren.
Nach einem Rekordüberschuss der öffentlichen Haushalte von knapp 62 Milliarden Euro im Jahr 2018 dürfte der Überschuss im Jahr 2019 mit gut 53 Milliarden Euro immer noch deutlich, aber geringer ausfallen. 2020 dürfte der Budgetüberschuss auf 24,3 Milliarden Euro zurückgehen, und 2021 dürfte der Saldo schließlich mit einem Defizit von 1,7 Milliarden Euro negativ werden. "Die Teilabschaffung des Soli mindert die Einnahmen, was durch die Einführung der CO2-Steuer nicht kompensiert werden kann, und die Einführung der Grundrente sowie die Umsetzung des Klimapakets führen zu zusätzlichen Ausgaben", erklärte Kooths.
Die konjunkturelle Entwicklung in den deutschen Exportmärkten bleibe verhalten. Die deutschen Ausfuhren sollen nach einem Plus von 1,2 Prozent 2019 zwar mit 2,4 Prozent im Jahr 2020 und 2,6 Prozent im Jahr 2021 nur moderat anziehen, "aber wieder Anschluss an den Welthandel" finden.
Staatliche Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft lehnte Kooths ab. "Trotz der aktuellen Schwäche braucht die deutsche Wirtschaft kein Konjunkturprogramm", sagte er. Die Industrierezession habe ihre Ursachen maßgeblich im Ausland und betreffe Produktionsbereiche, die auf staatliche Nachfrageprogramme kaum reagieren würden. Mittelfristig gelte es, investive Ausgaben im Staatshaushalt stärker zu priorisieren.
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December 12, 2019 07:33 ET (12:33 GMT)
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