BERLIN (Dow Jones)--Elektroautos sind laut einer Studie deutlich klimafreundlicher als solche mit Wasserstoff oder anderen alternativen Antrieben. Bezogen auf den gesamten Lebenszyklus liegen die Treibhausgasemissionen eines Brennstoffzellenfahrzeugs nach 150.000 gefahrenen Kilometern 75 Prozent höher als bei einem Elektroauto mit 35 Kilowattstunden Batteriekapazität, heißt es in dem Bericht "Klimabilanz von strombasierten Antrieben und Kraftstoffen", den das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg im Auftrag der Denkfabrik Agora Verkehrswende vorgelegt hat. Ein herkömmlicher Diesel produziere sogar rund dreimal mehr schädliche Emissionen als ein E-Auto.
Für die Studie wurde die gesamte Klimabilanz eines Fahrzeugs berücksichtigt - von der Produktion über den Streckenverbrauch bis zur Verschrottung. Ökologisch nachteilig ist sowohl beim E- als auch beim Wasserstoffauto vor allem die Batterieproduktion. Beim verwendeten Strommix wurden für alle Antriebsarten die aktuellen Daten zugrunde gelegt, also ein Ökostrom-Anteil von 45,8 Prozent in diesem Jahr. Auch den geplanten Anstieg des Erneuerbaren-Anteils auf 65 Prozent bis 2030 haben die Wissenschaftler nach eigenen Angaben in ihren Berechnungen berücksichtigt.
Obwohl der Strom überwiegend noch konventionell erzeugt wird, gewinnt laut der Studie stets das Elektroauto. Legt man eine größere Batterie (60 Kilowattstunden) und längere Autobahnfahrzeiten (200.000 Kilometer) für das E-Fahrzeug zugrunde, schneidet das Wasserstoffauto immer noch um 56 Prozent schlechter ab. Die Agora-Verkehrsexperten senken auch für Erdgasfahrzeuge den Daumen. Sie schnitten über die gesamte Lebensdauer nur etwa 4 Prozent besser ab als Dieselautos. Im Vergleich zum E-Auto lägen die Emissionen bei Erdgas sogar um 14 Prozent höher. Auch hier sei der Anteil von Biomethan im Gasnetz berücksichtigt worden, er beträgt weniger als ein Prozent.
Die Studie empfiehlt, Wasserstoff nur für solche Verkehrsträger einzusetzen, für die es keine Alternativen gibt, etwa Langstreckenflugzeuge und Hochseeschiffe. Auch müsse der Wasserstoff konsequent grün hergestellt werden, beispielsweise per Elektrolyse von Ökostrom. Der eingesetzte Strom sollte "nicht nur aus Wind- oder Solaranlagen kommen, sondern diese Mengen müssen zusätzlich zu den bereits heute geplanten EE-Anlagen bereitgestellt werden können", heißt es in der Studie.
Tatsächlich könnte ein Brennstoffauto, bei dem der Wasserstoff zu 100 Prozent aus erneuerbarem Strom stammt, einer anderen Studie zufolge durchaus mit einigen E-Autos mithalten. Das geht aus einer im Juli vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE vorgelegten Prognose für die Jahre 2030 und 2040 hervor. Demnach liegen die Emissionen des Wasserstoffautos bei einer Gesamtfahrleistung von 200.000 Kilometern dann nur knapp über denen eines E-Autos mit einer 60-Kilowattstunden-Batterie. Enthält das E-Auto eine Großbatterie von 90 Kilowattstunden, fällt es sogar hinter das Brennstoffauto zurück, selbst wenn beide Fahrzeuge zu 100 Prozent Ökostrom nutzen. Nur kleinere E-Autos gewinnen in beiden Studien eindeutig.
Aus Sicht der Agora-Verkehrsexperten liegt mit den Elektroautos aber bereits eine marktreife Technologie vor. "Es kommt jetzt darauf an, batterieelektrische Fahrzeuge am Markt erfolgreich werden zu lassen - um das Klima zu schützen und um die Zukunft der hiesigen Hersteller nicht zu gefährden", forderte der Direktor von Agora Verkehrswende, Christian Hochfeld. Zu glauben, es gäbe heute schon eine Wahl zwischen verschiedenen klimaverträglichen Alternativen zum Diesel oder dem Benziner, sei eine Illusion. Bis 2025 werden laut der Studie über 170 batterieelektrische Modelle auf dem europäischen Markt erwartet.
Kontakt zur Autorin: petra.sorge@wsj.com
DJG/pso/jhe
(END) Dow Jones Newswires
December 16, 2019 07:09 ET (12:09 GMT)
Copyright (c) 2019 Dow Jones & Company, Inc.