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BERLIN (dpa-AFX) - Gegen den Kompromiss zum Klimapaket der Bundesregierung regt sich auch in der Unionsfraktion Kritik. Der Unions-Wirtschaftsflügel warnte vor der Gefahr einer Abwanderung von Unternehmen ins Ausland. Trotzdem rechnete die Fraktionsspitze mit einer breiten Mehrheit. Neben der Festlegung auf einen mit 25 Euro immer noch recht moderaten CO2-Einstiegspreis habe die Union mit den Regelungen zur Pendlerpauschale den ländlichen Raum im Auge behalten, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), in Berlin. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt forderte die Grünen am Dienstag auf, wie im Vermittlungsausschuss auch im Bundestag zuzustimmen.
Der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, Carsten Linnemann, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Von einem höheren CO2-Preis bei gleichzeitiger Strompreisentlastung gehen durchaus richtige Anreize aus. Wir müssen aber auch Vorkehrungen treffen, damit ein höherer Preis keine Unternehmen zur Abwanderung drängt."
Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock wies aber auf die geplante Senkung der EEG-Umlage zur Ökostrom-Förderung hin: "Wir entlasten darüber auch den kleinen und mittelständischen Unternehmer", sagte sie am Montagabend im "Heute Journal" des ZDF.
Dennoch sorgt sich auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) um die Zukunft der Unternehmen in Deutschland. Betroffen seien vor allem mittelständische Industriebetriebe und Logistiker, die auf Gas oder Diesel angewiesen seien, aber wenig Strom einsetzen könnten. "Die geplante Erhöhung der CO2-Preise in den Jahren 2021 bis 2025 führt dazu, dass ein Teil der Unternehmen am Standort Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig sein wird. Ein kluger Ausgleich für die Unternehmen ist deshalb dringend notwendig", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Unions-Fraktionsvize Linnemann sagte weiter: "Auf dem Weg zu einem effektiven internationalen Klimaschutz wird uns ein etwas höherer nationaler CO2-Preis ohnehin kaum voranbringen. Viel wichtiger ist, dass wir auch in den Sektoren Wärme und Verkehr zu einem EU-weiten Emissionshandel kommen."
Die Grundsatzeinigung von Bund und Ländern sieht vor, dass der CO2-Preis im Verkehr und bei Gebäuden zum 1. Januar 2021 nun mit 25 Euro pro Tonne startet - bisher waren 10 Euro vorgesehen. Der CO2-Preis soll fossile Heiz- und Kraftstoffe verteuern, damit Bürger und Industrie klimafreundliche Technologien kaufen und entwickeln. Er soll nach der Einigung schrittweise bis 2025 auf 55 Euro erhöht werden - statt wie bisher geplant auf 35 Euro.
Im Gegenzug soll es eine weitere Anhebung der Pendlerpauschale bei längeren Strecken geben und Entlastungen beim Strompreis. Die Mehrwertsteuersenkung bei der Bahn soll Anfang 2020 wirksam werden.
Am Dienstag tagten die Bundestagsfraktionen. An diesem Mittwoch will der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag die Einigung endgültig beschließen. Am Donnerstag soll dann der Bundestag den Kompromiss billigen, am Freitag der Bundesrat.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner sagte am Dienstag: "Wir haben beim Klimapaket das erste Mal die Signaturen einer schwarz-grünen Zusammenarbeit erlebt." Lindner warnte vor "erheblichen Verschlechterungen der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft". Die Belastungen für die Mittelschicht und den Mittelstand spielten anscheinend überhaupt keine Rolle.
Der Autofahrerclub ADAC sprach von einem "schmerzhaften Kompromiss für Autofahrer". Der Vizepräsident für Verkehr, Gerhard Hillebrand, sagte der dpa: "Um eine Einigung zu erzielen, sind erhebliche Belastungen gerade für diejenigen in Kauf genommen worden, die auf das Auto angewiesen sind. Die CO2-Bepreisung trifft die Autofahrer kurzfristiger und härter, als bisher geplant." Die geplanten öffentlichen Investitionen in alternative Antriebe und ÖPNV könnten hingegen nicht so schnell wirken. "Deshalb ist die zusätzliche Entlastung für Pendler unerlässlich, die absehbar mittelfristig keine Alternativen zu ihrem heutigen Auto finden", so Hillebrand.
Der Präsident des Bundesverband mittelständische Wirtschaft, Mario Ohoven, sagte der dpa, der Mittelstand begrüße die geplante Senkung der EEG-Umlage. "Dabei muss allerdings der bereits bezahlte CO2-Preis vollständig auch an die Betriebe rückerstattet werden. Zudem muss die Bundesregierung Klarheit schaffen, dass der Ausgleich der EEG-Umlage aus Steuermitteln nicht von der EU als Beihilfe bewertet wird und somit die Rückerstattung des CO2-Preises gefährdet ist." Deshalb wäre eine Senkung der Stromsteuer der sicherere und somit bessere Weg./sk/DP/jha
AXC0232 2019-12-17/16:44